Bilder einer Ausstellung: Die Hütte auf Hühnerfüßen.

23. März 2016

Man kann ja nicht immer nur Lego sammeln. Bisweilen sammle ich auch Carcassonne- … Verzeihung: Каркассон-Erweiterungen.

Mit diesem schmucken Stoffbeutel kommt die russische Mini-Erweiterung Мы идем в Каркассон einher, zu Deutsch: „Wir gehen nach Carcassonne“. Die beiden Landschaftskärtchen stammen aus dem Jahre 2012 und vom russischen Lizenznehmer Hobby World, und es erhielten sie Teilnehmer des russischen Carcassonne-Kongresses, nach meiner Kenntnis auch in den Folgejahren. Übrigens nicht als kostenloses Goodie, sondern zum stolzen Preis von 350 Russischen Rubeln (was ungefähr 4,50 Euro entspricht).
Die Rückseite des Stoffbeutels ist als Zählbrett ausgeführt.

Die Hütte auf Hühnerfüßen. Der durchschnittlich gebildete Mitteleuropäer kennt dieses Motiv aus dem Musikunterricht, wo Modest Mussorgskis Klavierstück „Bilder einer Ausstellung“ als Musterbeispiel für Programm-Musik behandelt wurde, oft auch in der opulenteren Orchesterbearbeitung durch Maurice Ravel. Das vorletzte, neunte Bild dieser Ausstellung zeigt musikalisch die Hütte der Hexe Baba-Jaga, einem Waldweib in der russischen Volkssage, das Wanderern auflauert und diese auffrißt.

Die Hexe Baba-Jaga ist eine russische Ikone. Nein, eine Institution, denn eine Ikone ist dann doch etwas anderes. Aber jedenfalls dachte sich der dortige Verleger mit einigem Recht (Ich paraphrasiere): Wenn die Deutschen ständig ihre heimischen Burgen, Klöster und demnächst Kathedralen nach Südfrankreich ins Languedoc transferieren, dann spricht nichts dagegen, wenn wir das hier auch mit russischem Kulturgut tun. Recht so!

Die Spielmechanik dieser Hütte auf Hühnerbeinen ist ans Kloster angelehnt. Da jedoch so eine menschenfressende Waldhexe ein eher negativ konnotierter Charakter ist, wurde das Klosterprinzip ins Gegenteil verkehrt: Es zählen neben der Karte selbst nicht die angrenzenden Karten, sondern die Lücken, die freibleiben. Auf diese Weise sind bis zu 8 Punkte möglich. Freilich opfert man bis zum Spielende einen Gefolgsmann, sofern nicht vorher alle Plätze um die Hüttenkarte belegt werden, was dann aber ja die Punkte kosten würde.

Da ich leider eben nur durchschnittlich gebildet bin, sagte mir die zweite Karte dieser Erweiterung nichts. Dargestellt ist ein Bogatyr, ein Heldenritter des russischen Mittelalters. Warum er sich auf der Karte verlegen am Kopfe kratzt, weiß ich nicht. Vielleicht, weil der vierte Weg an dieser Kreuzung durch einen Stein versperrt ist, den möglicherweise das Teufelchen und das Kätzchen, die hinter dem Steine herfürlugen, dort hinpraktiziert haben. Die Inschrift auf dem Stein könnte ich nicht lesen, selbst wenn sie entzifferbar wäre, da sie selbstverständlich auf Russisch und in kyrillischen Lettern verfaßt ist.

Für dieses Landschaftskärtchen ist keine gesonderte Regel überliefert. Denkbarerweise verbindet der untere Dreiweg drei Wegenden zu einem einzigen Weg, während der Weg hinter dem Stein an diesem endet.

Diese beiden Каркассон-Kärtchen lassen sich prinzipiell in ein Carcassonne-Spiel einbinden, jedoch ist es ratsam, dann verdeckt zu ziehen. Denn die Rückseite dieser russischen Kärtchen ist nicht mit dem klassischen Carcassonne-C verziert, sondern mit einem Каркассон-К. Außerdem sind die Ecken dieser Kärtchen abgerundeter. Da aber ja praktischerweise der Beutel fürs verdeckte Ziehen mitgeliefert wurde, steht einer Integration dieser Erweiterung in die Welt von Carcassonne nichts entgegen.


Carcassonne Winter-Edition.

23. Dezember 2015

Heute befand sich im Brettspiel-Adventskalender von Frosted Games eine Mini-Erweiterung zur Winter-Edition von Carcassonne, dem Spiel ohne Grenzen. Diese Winter-Edition war im Jahre 2012 der als geglückt zu bezeichnende Versuch des Hans-im-Glück-Verlags, den Carcassonne-Fans einen weiteren kleinen Happen vorzuwerfen, den sie gierig auffangen könnten. Es ist dies das normale Carcassonne-Spiel, welches lediglich mit geänderter graphischer Gestaltung daherkommt, nämlich eben als verschneite Winterlandschaft. Die Städte liegen hier wie Lebkuchen in Puderzucker. So weit, so hübsch.

Aber selbst Hans im Glück weiß, daß das als Kaufanreiz nicht genügt, weshalb das Spiel direkt ab Werk etwas aufgepeppt wurde. Beigefügt waren nämlich den regulären 72 Landschaftskärtchen des Grundspiels 12 Zusatzkarten, die zum Teil Gebietskonfigurationen verschiedener Erweiterungen nachvollziehen. Außerdem sind sie mit niedlichen Tieren verziert. Offiziell gibt es zu diesen Karten keine gesonderten Regeln, aber natürlich laden sie dazu ein, sich Hausregeln auszudenken. Das merkwürdige Tier am Wegkreuz ist übrigens ein Wolpertinger.

Und falls das noch nicht genügen sollte, sich zusätzlich zum normalen Carcassonne-Spiel diese Winter-Edition zu kaufen, bot Hans im Glück eine Mini-Erweiterung an, deren Spielmechanismus im bisherigen Carcassonne-Universum einzigartig war und ist und nur mit der Winter-Ausgabe gespielt werden kann: Den Lebkuchenmann. Durch das Ziehen einer der 6 neuen Lebkuchenmann-Karten kommt die Lebkuchenmann-Figur ins Spiel und wird in ein unfertige Stadt gestellt. Versetzt wird diese Figur, wenn entweder eine weitere Lebkuchenkarte gezogen wird, oder wenn die Stadt, in der sie (die Figur) steht, geschlossen wird. Verläßt der Lebkuchenmann eine Stadt, bekommt jeder Mitspieler, der mit einem oder mehreren Rittern in dieser Stadt steht, pro Ritter und Stadtkarte einen Punkt, unabhängig von den Mehrheitsverhältnissen. Anschließend wird eine geschlossene Stadt normal gewertet und der Lebkuchenmann in eine andere unfertige Stadt gestellt. Diese Mini-Erweiterung ist also im Gegensatz zu vielen anderen nicht destruktiv, sondern will, ganz im Sinne weihnachtlicher Beschaulichkeit, jedem eine Freude machen. Entsprechend zeigen die Kärtchen Weihnachtsbäume, Schneemänner und Nikoläuse.

Eine Freude wollte der Verlag auch all seinen Kunden machen, die diese Erweiterung in des Verlages Online-Shop bestellten. Darum lieferte er diesen richtigen Lebkuchenmann in Meeple-Form mit. Eine süße Idee.

Eigentlich wäre das Kapitel „Winter-Edition“ damit geschlossen gewesen. Aber in diesem Jahr nun brachte der kleine Verlag Frosted Games einen Adventskalender heraus, der Erweiterungen zu verschiedenen beliebten Brettspielen enthält. Da durfte Carcassonne natürlich nicht fehlen, und darum gibt es nun noch eine Winter-Adaption der Mini-Erweiterung „Kornkreise“. In der Urversion zeigt diese … nun ja … Kornkreise; in der Winterlandschaft zeigt sie freigeschüppte Grasflächen. Durchaus amüsant. Das Spielprinzip ist dieses: Wird eine Kornkreis-Karte gezogen, dann bestimmt der Spieler, der an der Reihe ist, ob jeder Mitspieler einen Gefolgsmann aus der Auslage zurück in seinen Vorrat nehmen muß, oder ob jeder einen weiteren Gefolgsmann zu einem Gefolgsmann in der Landschaft hinzustellen muß. Und zwar bestimmt die Form des Korn- bzw. hier: Graskreises, welche Art Gefolgsmann betroffen ist. Der freigeschüppte Schild bezieht sich auf Ritter in der Stadt, die freigeschüppte Mistgabel bezieht sich auf Bauern auf dem Felde, und das freigeschüppte rundliche Etwas soll eine Keule darstellen und bezieht sich auf Wegelagerer am Wege. Beide Varianten, Wegnehmen oder Hinzusetzen, können für den Spieler am Zug einen Vorteil bringen. Sei es, daß sich Mehrheitsverhältnisse in einem Gebiet zu seinen Gunsten ändern, sei es, daß der Gefolgsmannvorrat eines Mitspielers dadurch erschöpft wird, so daß er im nächsten Zug kein Männchen zum Setzen mehr hat. Es ist dies jedenfalls ein taktisch durchaus nützliches Instrument, ohne das Spiel in Gänze zu dominieren, wie es manch andere Erweiterung tut.

Das Winter-Œuvre von Carcassonne ist also inzwischen schon umfang- und variantenreicher, als es der Gesamtbestand der Urversion des Spiels vor 15 Jahren war. Trotzdem wird es nur ein Nebenkriegsschauplatz bleiben. Das Hauptgefecht wird in Zukunft wohl zwischen Urversion und Neuversion in geänderter Optik ausgetragen werden. Es bleibt abzuwarten, ob das Jahr 2016 noch Erweiterungen für die Urversion von Carcassonne sehen wird.


Hoop voor Carcassonne!

3. Dezember 2014

Als der Hans-im-Glück-Verlag von dämlichen Menschen wie mir Geld erpreßte, indem er eine neue Edition seiner Cash Cow namens „Carcassonne“ auf den Markt brachte (s. u.), führte dies zu der Befürchtung, daß diese neue Version in ihrer veränderten Optik grundlegend werden würde für alles Nachfolgende, was es im Carcassonne-Universum so geben würde. Um große und kleinere Erweiterungen waren sie ja nie verlegen. Ich persönlich sah eine Systeminkompatibilität heraufdämmern, wie sie sich die Firma Lego vordem mit der Änderung der Braun- und Grautöne geleistet hatte. Genährt durch den Umstand, daß das Promotionskärtchen des Verlags anläßlich der „Spiel 14“ in Essen bereits das Design der neuen Edition aufwies, befürchtete ich also, daß alle künftigen Erweiterungen nicht mehr in demselben bewährten Design von Doris Matthäus aufgelegt würden, wie es seit dem Jahre 2000 Bestand hat. Und sich bewährt hat, möchte ich hinzufügen.

Doch es besteht Hoffnung, daß diese Befürchtung nicht eintrifft. Denn die neue Ausgabe der Klöster-Erweiterung, die dieses Mal für den niederländischen Sprachraum konzipiert wurde, greift die alte Bildsprache wieder auf:

Weshalb nun ausgerechnet belgische und niederländische Klöster eingereiht wurden, läßt sich ja nur damit erklären, daß dieses Spiel dortselbst sehr beliebt ist. Ansonsten wären eher französische Abteien erwartbar gewesen, aber der Markt hat andere Gesetze als die Logik. Denn logisch ist es natürlich sowieso nicht, wenn rund ums okzitanische Carcassonne deutsche und niederländische Klöster angesiedelt sind. Oder Gebäude aus Darmstadt, wo wir gerade dabei sind:

Aber da auch diese kleine Erweiterung noch in alter Darstellung ausgeführt wurde, ist unsere Hoffnung um so größer.


Der schwarze Abt.

5. November 2014

Moment. War das nicht so ein deutscher Edgar-Wallace-Film in den 60er Jahren? [/away: Recherche] Ja, war es. Na gut, damit habe ich natürlich nichts am Hut. Hier soll es um Carcassonne gehen. Das Spiel.

Der Schriftzug sieht anders aus als sonst; das hat seinen Grund. Denn nach 10 Millionen verkauften Exemplaren dieses Spiels hat der Herausgeber sich überlegt, daß nun ungefähr jeder Spielwillige ein Exemplar sein Eigen nennen müßte, weshalben es für nötig befunden wurde, neue Kaufanreize zu schaffen. Zum Beispiel mit einer Neuausgabe in veränderter Optik. Hat funktioniert, ich hab’s gekauft.

Die Gefolgsleute sind die gleichen geblieben, aber die Gestaltung der Landschaftskarten wurde geändert. Beispiele unten. Für sich genommen finde ich die neuen Kärtchen von Anne Pätzke durchaus hübsch, jedoch hoffe ich, daß der Hans-im-Glück-Verlag für eventuelle künftige Erweiterungen trotzdem noch auf Doris Matthäus und ihr bewährtes Design zurückgreift. Andernfalls droht in der Welt von Carcassonne ein ähnliches Fiasko, wie Lego es seinerzeit mit der Änderung verschiedener Farben auslöste. Im Grunde hat dieses Fiasko bereits begonnen, denn die erste kleine Erweiterung „Der Abt“ kann am Originalspiel nicht vollständig nachvollzogen werden.

Es handelt sich um einen neuen spezialisierten Gefolgsmann, aber natürlich gibt es auch Äbtissinnen. Diese Figur kann nach Art eines Mönchs auf Klöster gesetzt werden, doch zusätzlich kann sie auch in ihren Gärten lustwandeln. Und hier kommen neue Featurs ins Spiel, die es bisher in Carcassonne nicht gab: die Gärten. Ein Garten mit einem Abt funktioniert genau wie ein Kloster, bringt also 9 Punkte, sobald das Kärtchen von acht weiteren Karten eingefaßt ist. Im Gegensatz zum althergebrachten Mönch kann ein Abt aber sein Gebiet bereits vor Fertigstellung des Klosters oder Gartens verlassen – und die bisher erreichten Punkte dennoch einheimsen! Immer dann nämlich, wenn man in seinem Zug keinen neuen Gefolgsmann setzt, kann man seinen bereits im Spiel befindlichen Abt in den Vorrat zurücknehmen. Acht solche Gärten gibt es im neuen Grundspiel, einen weiteren nebst einem zusätzlichen Kloster überdies in der ebenfalls neugestalteten Fluß-Erweiterung, die dem Spiel auch beiliegt. Werfen wir einen Blick:

Schon immer waren die Landschaften um Carcassonne aufgelockert durch kleine Häuschen und winzige Kühe und Büsche, und die Anordnung der Gebäude in den Stadtkärtchen sowie die Gestaltung der Stadtmauern war variantenreich. Doch in dieser neuen Edition wurden diese Gestaltungselemente auf eine neue Ebene gehoben, insofern als sie nun ähnlich prominent ins Bild gerückt werden, wie es auch die Gärten sind. In Grundspiel und Flußerweiterung zusammen gibt es jeweils neun Kärtchen, die mit einem der folgenden Merkmale ausgezeichnet sind.

Gehöfte:

Viehställe mit Schweinen, Kühen und Eseln:

Türme:

und Räuber:

Der Umstand, daß diese Markierungen ähnlich prominent dargestellt sind wie die Gärten, die ja eine Funktion erfüllen, gibt zu der Spekulation Anlaß, daß späterhin noch Sonderfiguren für genau diese hervorgehobenen Standorte kommen sollen. Einen Sonder-Mönch gibt es bereits, Sonder-Ritter, Sonder-Straßenräuber und Sonder-Bauern könnten folgen. Dagegen spricht freilich, daß es im Bauern-Segment zweimal neun Karten gäbe, und das wäre dann doch etwas viel. Also handelt es sich wahrscheinlich doch bloß um Schmuck ohne Funktion jenseits der graphischen Auflockerung. Lassen wir uns überraschen.


Reine Schurwolle.

24. April 2014

Die neuste, das heißt neunte große Erweiterung zum Spiel ohne Grenzen „Carcassonne“ ist „Schafe und Hügel“. Durch sie kommt den Wiesen rund um die Städte, die bisher die Domäne der Bauern waren, eine neue Bedeutung zu. Denn nun kann auf eine Wiese, selbst wenn sie schon durch einen Bauern gleichwelcher Farbe besetzt ist, ein Schäfer gestellt werden, der eine hoffentlich wachsende Schafherde hütet.

Der Spieler, der den Schäfer setzte, zieht blind aus dem mitgelieferten Säckchen ein Schafsplättchen und legt es neben seine Hirtenfigur. Sobald er eine weitere Landschaftskarte an seine Schafweide anlegt, darf er erneut ins Säckchen greifen und ein weiteres Schafsplättchen ziehen. Statt ein weiteres Plättchen zu ziehen, kann er aber auch seine Schäfchen ins Trockene bringen und sich für jedes bereits gezogene Schaf auf seiner Wiese einen Punkt auf der Wertungstafel gutschreiben. In diesem Fall kommen alle Schafe zurück ins Säckchen und die Schäferfigur zurück in den Vorrat. Nach einigen Herdenzuwächsen die Schafe zu werten, ist durchaus sinnvoll, denn zwischen den 16 Schafsplättchen lauern auch zwei Wölfe. Wird ein Wolf gezogen, reißt er nicht bloß ein Schaf, wie man vermuten könnte, sondern gleich die ganze Herde; somit wären alle gesammelten Punkte auf einen Schlag futsch, und der Schäfer muß zurück in den Vorrat. Natürlich können wie üblich durch Landschaftserweiterungen die Schäfer verschiedener Mitspieler auf derselben Weide enden. Dann gelten alle die Schafe betreffenden Wertungen gleichermaßen für jeden beteiligten Schäfer.

Neben den Schafen nennt der Titel der Erweiterung noch die Hügel, verschweigt als weiteres neues Feature jedoch die Weinberge. Überdies gibt es neue Gebietsaufteilungen, die einer Erwähnung wert sind. Betrachten wir folgende Situation und wenden uns zunächst den Hügeln zu:

Wer eine Hügelkarte, erkennbar am roten Fähnchen, erwischt, zieht unmittelbar eine weitere Landschaftskarte und legt sie unbesehen unter die Hügelkarte. Es werden also blind Landschaftskarten aus dem Spiel genommen, und zwar gleich 8 Stück im Spielverlauf. Das Spiel wird also noch unberechenbarer, da gewisse Taktiken durch das Nichtmehrvorhandensein benötigter Karten über den Haufen geworfen werden können, zumal man nicht sicher sein kann, welche Karten aus dem Spiel sind.
Da Gefolgsleute, die auf einem Feldherrnhügel stehen, gegenüber Männeken in der Ebene im Vorteil sind, hat bei Gefolgsmann-Gleichstand in einem Gebiet das Männchen auf dem Hügel die Nase vorn; das Gebiet wird nur für ihn gewertet.
Durch zwei neue Karten lassen sich Städte und Wiesen nun leichter verbinden, im Bild liegen grüne Männchen drauf:

Durch jeweils eine einzige angelegte Karte wird aus zwei getrennten Städten eine einzige Stadt, und wird aus zwei Wiesen eine vereinigte Wiese. Dieser Vorgang ist auch nur schwer abzuwenden, da man ja nicht „seinen“ Teil des Gebiets in eine andere Richtung lenken kann, um einen lauernden Eroberer abzublocken. In der vorliegenden Situation haben nun der blaue Ritter und der rote Bauer jeweils die Mehrheit, da sie auf Hügeln stehen.
Übrigens teilt auf der Karte mit dem roten Bauern das kleine Häuschen den Weg in zwei getrennte Abschnitte.

Bleiben noch die Weinberge. Das sind die Parallelogramme mit dem Rebenbewuchs. Jeder Weinberg in der direkten Umgebung eines Klosters bringt diesem bei der Wertung drei Punkte zusätzlich, allerdings nur, wenn das Kloster auch fertiggestellt wurde. Bei der Schlußwertung unvollendeter Klöster entfallen die Weinbergpunkte. Dieses Prinzip ähnelt dem der Kathedralen und Wirtshäuser aus der ersten Erweiterung, freilich abgeschwächt dadurch, daß unvollendete Klöster mit Weinbergen dennoch Punkte für die vorhandenen Karten bringen. Außerdem addieren sich mehrere Weinberge um ein Kloster auf, während ein weiteres Wirtshaus oder die zweite Kathedrale keinen zusätzlichen Effekt haben.

Da in der neuen Erweiterung ein Stoffbeutel enthalten ist, nutze ich die Gelegenheit mal für ein Vergleichsbild. Wir sehen also den kleinen Schafsbeutel (kein Bocksbeutel!); darunter in Leserichtung den originalen „le sac“, den der Hans-im-Glück-Verlag im Jahre 2002 als Messe-Goodie verteilt hatte; wegen der großen Nachfrage lag der zweiten Erweiterung „Händler & Baumeister“ dann standardmäßig der schwarzbedruckte Sack in der Mitte bei; momentan kann über den Online-Shop des Verlags der große Beutel erworben werden, in den in der Tat die Landschaftskarten aller bisher erschienenen Erweiterungen und des „Schicksalsrades“ passen.
Vermutlich wurden für diese Säckchen aber keine Schafe, sondern Bäume geschoren.


Weil Freitag is’.

29. November 2013

Das neueste Mitglied der wachsenden Carcassonne-Familie ist der Ableger „Carcassonne Südsee“, welches den Auftakt bildet zu einer Serie „Carcassonne around the world“. Die Reise beginnt also in den Muschel- und Fischgründen der Südsee. Dementsprechend sind die hölzernen Spielfiguren in Bermudashorts gewandet.

Na gut, in Baströckchen. Denn die Bermuda-Inseln liegen gar nicht in der Südsee, nicht einmal in der Karibik, sondern nordöstlich von Florida vor der Küste der Vereinigten Staaten.
Das Spielprinzip ist jedenfalls dasselbe wie im Languedoc. Landschaftskarten werden verdeckt gezogen und passend an bereits ausliegende Gebiete angelegt, und zwar an Bananeninseln, Meeresflächen oder Stege. Auf die ausgelegte Karte placiert der Spieler nach den bekannten Regeln seinen Insulaner und erntet Bananen, Fische oder Muscheln, wenn das entsprechende Gebiet abgeschlossen ist. Den Klöstern des Urspiels entsprechen hier Basarinseln. Statt einen Insulaner zu setzen, darf auch ein solcher zurück in den Vorrat genommen werden; denn insgesamt hat man nur vier Männeken zur Verfügung.

Anders als beim Urspiel bemißt sich der Ertrag hier nicht nach dem Umfang des fertiggestellten Gebiets. Es ist gleichgültig, wie lang ein Steg ist oder wie viele Kärtchen eine Insel umfaßt; ausschlaggebend ist allein die Anzahl der auf diesen Inseln wachsenden Bananen oder an den Stegen auffindbaren Muscheln. Gleiches gilt für die Fische. Der Spieler wird also unmittelbar nach Fertigstellung in Naturalien ausbezahlt.

Bananen, Fische und Blumenkohl, nee, Muscheln. Die kleinen Hölzchen entsprechen jeweils einem Exemplar der entsprechenden Ware, die großen Hölzchen repräsentieren deren drei, was aber keine tiefere Bedeutung hat, sondern nur das Abzählen erleichtern soll. Das ist vor allem bei der Schlußwertung praktisch, denn da gibt es für jeweils drei beliebige Waren einen Punkt, während ein oder zwei einzelne Waren dann verfallen. Darum ist es sinnvoll, seine Waren bereits während des Spiels in Siegpunkte einzutauschen.

Dies geschieht, indem der Spieler am Ende seines Zuges eines von vier ausliegenden Handelsschiffen passend beliefert, dieses Schiff somit kauft und die aufgedruckten Siegpunkte einheimst. Beim hier beispielhaft gezeigten mittleren Schiff bleibt es dem Spieler freigestellt, welche Waren er liefert; dafür gibt es aber auch für fünf Waren nur 4 Punkte, während das höherwertige Schiff rechts für 6 Punkte fünf passend eingezahlte Waren fordert.
Bananen zu ernten, ist gar nicht so einfach. Denn die mitgelieferten Landschaftskarten legen ihren Fokus vor allem auf Fischgründe und Stege für die Muscheltaucher, so daß es schwierig werden kann, eine Bananeninsel überhaupt abzuschließen. Dahingegen werden Stege allenthalben vollendet, und für die Fischer gibt es gar mehrere Chancen. Denn die Netze werden entweder eingeholt, wenn klassischerweise ein Seegebiet rundherum durch Stege oder Inseln begrenzt ist. Aber auch, wenn eine Fischerbootkarte angelegt wird, wird unmittelbar in dem angrenzenden Areal ein Fischzug beendet.

Überdies wird bei einem Fischzug, der durch ein Boot ausgelöst wird, nur eine Gruppe von Fischen (es gibt Zweiergruppen und einzelne Fische) mit einem Fischerbootplättchen abgedeckt, während die restlichen Fische später durchaus noch einmal gefischt werden können. Also Fische sind einfach. Das Problem der Bananeninseln haben übrigens auch die Marktinseln, die nach dem Prinzip der Klöster fertiggestellt werden sollen. Für eine vollendete Marktinsel dürfte sich der Spieler, dessen Pöppel draufsteht, das höchstwertige ausliegende Handelsschiff nehmen. Aber die Komplettierung einer solchen Insel gelingt häufig nicht, was wiederum die Möglichkeit wertvoll macht, im eigenen Zug einen Insulaner zurück in den Vorrat zu nehmen.
Mit spektakulär hohen Siegpunktzahlen, wie vom klassischen „Carcassonne“ eventuell gewohnt, ist bei „Südsee“ am Ende nicht zu rechnen. Das Ende kommt, wenn alle Landschaftskarten ausgelegt sind oder das letzte Schiff beliefert ist. Die Zahlen bewegen sich im Zwanzigerbereich oder darunter.

Passend zum neuen Spiel brachte der Hans-im-Glück-Verlag direkt die Mini-Erweiterung „Freitag“ heraus. Dadurch wird das gesamte Spiel statt in der Südsee nun doch in der …okay… südlichen Karibik situiert. Denn der Name „Freitag“ verweist eindeutig auf den Gefährten Robinson Crusoes, der gemäß Roman auf einer unbewohnten Insel vor der Mündung des Orinoco, also vor Venezuela, strandete. Na, wollen wir’s mal nicht zu genau nehmen!

Das Figürchen ist ein schwarzer Wuschelkopf. Ich höre schon das Sirenengeheul der Political-Correctness-Polizei. Diesem Irrsinn frönen wir nicht, nehmen das Männeken also einfach so hin. Die Rückseite der Erweiterungskärtchen zeigt nicht das Carcassonne-C, was schon darauf hindeutet, daß diese Landschaftskarten nicht unter diejenigen des Hauptspiels gemischt werden sollen. Ist auch so.

Vielmehr wird aus den sechs Zusatzkarten eine eigene kleine Insel gebildet. Und zwar: Die Landschaftskarten des Hauptspiels werden zu verdeckten Siebenerstapeln geschichtet, so daß jeder Stapel eine Woche bildet. Am Ende dieser Woche, also am Freitag (hihi!) hat dann Freitag seinen Einsatz. Von den ebenfalls verdeckten Zusatzkarten wird jeweils eine aufgedeckt und die Figur daraufgestellt. In der folgenden Woche gelten die Bonusleistungen dieses Kartenstücks, die da wären (von oben links im Uhrzeigersinn):

· Beim Kauf eines Schiffes darf diese Woche eine Ware nach Wahl weniger gezahlt werden.

· Jeder Spieler, der in dieser Woche Muscheln erntet, bekommt eine Muschel mehr ausgezahlt.

· Jeder Spieler darf in dieser Woche im selben Zug sowohl einen Insulaner vom Feld nehmen als auch einen einsetzen.

· Der Spieler am Zug darf in dieser Woche mit den anderen Spielern Waren tauschen.

· Jeder Spieler, der in dieser Woche Bananen erntet, bekommt eine Banane mehr ausgezahlt.

· Jeder Spieler, der in dieser Woche Fische erbeutet, bekommt einen Fisch mehr ausgezahlt.

Zu Beginn der folgenden Woche wird das nächste Kartenstück der Nebeninsel aufgedeckt und Freitag daraufgesetzt. Wenn nach sechs Wochen die Insel komplett ist, darf der Freitagsspieler die Figur auf ein Bonusstück seiner Wahl setzen. Dieses wird in den seltensten Fällen das Tausch- oder Insulaner-Feld sein, denn von diesen Möglichkeiten wird sowieso kaum Gebrauch gemacht. Der wertvollste Bonus ist natürlich der, welcher den Kauf eines Schiffs verbilligt.
Insgesamt ist der Einfluß der Minierweiterung auf den Spielverlauf eher gering, denn bisweilen kommt ein Bonus während der jeweiligen Woche gar nicht zum Tragen.

„Carcassonne Südsee“ ist ein schönes Spiel. Schon das Artwork von Dennis Lohausen und Harald Lieske ist prachtvoll. Die Spielmechanismen sind durchdacht, und nur in ganz wenigen Momenten wirken sie etwas bemüht; dies vor allem beim Versuch, den Klostermechanismus in dieses Spiel zu integrieren, oder wenn – um mal die Mini-Erweiterung mit einzubeziehen – partout sechs Bonusmöglichkeiten für sechs Inselstücke erfunden werden mußten. Mehr passende Landschaftskarten, um auch Bananeninseln vollenden zu können, wären wünschenswert. Das Spielgeschehen ist weniger aggressiv als im Ur-Carcassonne, da mehr Wert auf schnelle Ernte als auf Gebietseroberungen gelegt wird.

Einem Kauf dieses Spiels würde ich zuraten.