Buch der Woche: Felidae

29. Januar 2010

Felidae ist erstens die lateinische Gattungsbezeichnung für Katzen. Und zweitens ist es der Titel eines Romans von Akif Pirinçci, in welchem diese Mammalia die Hauptrolle spielen. Märchenhafterweise sprechen diese Katzen in menschlichen Zungen, können schreiben und lesen, Computer bedienen und auch mit sonstigen Gerätschaften menschlicher Herkunft hantieren.* Und sie begehen Morde, zumindest einige von ihnen. Die anderen spielen die Opfer oder klären diese Morde auf. Das müssen sie auch tun, denn auf die Menschen können sie sich da nicht verlassen, ganz und gar nicht. Denn die sind es ja, die an allem schuld sind. Wie immer eigentlich.
*) Und nein, auch wenn es sich um Katzen handelt, muß es hier nicht „pfotieren“ heißen. Denn das Verb „hantieren“ hat nur dem Sprachempfinden nach etwas mit der Hand zu tun. Vielmehr geht es zurück auf das altfranzösische „hanter“, welches „mit etw. o. jmdm. Umgang haben“ bedeutet.

Das im Buch abgebildete Wollknäuel dient mitnichten als Spielzeug für ein niedlich-wuschiges Miezekätzchen, sondern ist in Wahrheit das perfide Mordinstrument eines durchtriebenen Raubtiers. Der schlaue Kater Francis begibt sich also auf die Suche nach dem Mörder erst einer, dann zweier, und schließlich immer mehr toter Katzen in seinem Viertel. Dabei kommt er einer Katzensekte auf die Schliche, die einen gewissen Claudandus anbetet. Jener Claudandus wiederum, natürlich ebenfalls ein Kater, war das einzige gelungene Experiment eines verrückten Professors, mußte für diesen wissenschaftlichen Erfolg jedoch schwer leiden. Es gelang ihm, dem Professor zu entfliehen, ja diesen sogar zu töten. Aus gutem Grund zu einem Misanthropen herangereift, setzte er sich in den Kopf, eine Rasse von Superkatzen zu züchten, die den Kampf mit den Menschen aufnehmen könnte. Katzen, die sich der Teilnahme an diesem Zuchtprogramm widersetzten, mußten sterben. Drum. Die Zusammenhänge gleichen einem verhedderten Bindfaden, den jeder Leser bitte selbst entwirren möge.

Für Leseunwillige gäbe es zur Not zwar auch einen Zeichentrickfilm, doch ist dieser ungewöhnliche Krimi durchaus lesenswerth. Das bestätigt auf Nachfrage gerne auch die Frisurträgerin im Scala-Set 3201.


Buch der Woche: Hanni und Nanni

22. Januar 2010

Überraschenderweise heißen Hanni und Nanni gar nicht Hanni und Nanni, sondern Patricia und Isabel O’Sullivan, und sie besuchen in den 40er Jahren ein streng anglikanisches Internat in Cornwall namens St. Clare. Und „St. Clare’s“ ist denn auch der Name der Buchreihe im Englischen. Allerdings meinte der Schneider-Verlag, seinen jungen deutschen Leserinnen (und Lesern) das alles nicht zumuten zu können, weshalb die gesamte Handlung in die 60er Jahre und in das deutsche Internat Lindenhof versetzt wurde. Somit wurde es erforderlich, neben den Namen der Figuren auch ansonsten alles, was die Handlung im England der 40er Jahre verortete, nach deutschenhundertsechzig zu übersetzen. Zur Not wurde gekürzt. Wer die Originalatmosphäre von Enid Blytons Original genießen möchte, sollte sich also lieber die Fernsehserie „Der Doktor und das liebe Vieh“ ansehen. Da gibt es zwar kein Mädcheninternat, aber wenigstens Tweedanzüge und englischen Regen.

Rechts haben wir Hanni, links Nanni. Oder umgekehrt, wer weiß das schon; es handelt sich ja um Zwillinge, wer’s noch nicht gemerkt hat. Wie man sieht, beinhalten die Bücher all das, was sich ein präbubertierender Knabe (wie ich es war, als ich die Bücher las) unter Mädchenkram vorstellt: Schminktipps und Parfängdiskussionen. Das ist schlicht, weshalb Lego die Reihe problemlos auf zwei Bände zusammenkürzen konnte. Das wiederum ist überraschend, denn der Schneider-Verlag machte aus den sechs Büchern des englischen Originals – 25 Bücher im Deutschen. Und zwar nicht, indem die Originalbücher etwa in 25 kleinere Häppchen aufgeteilt wurden, weit gefehlt! Es wurden vielmehr von verschiedenen Autoren weitere Bücher geschrieben und mit Enid Blytons berühmtem Namensschriftzug versehen. Die Handlung dieser Fortsetzungen wurde zum Teil über die Schulzeit der Mädchen hinaus weitergesponnen. Wer braucht’s?

Die Scala-Kinder konnten ihren Lesehunger durch die Sets 3211 (Band 1) und 3242 (Band 2) stillen. Bei letzterem habe ich eigenmächtig die Zuordnung der Aufkleber zu den Büchern vertauscht. Mir erschien es sinnvoller, daß das Titelbild mit dem grünlichen Hintergrund auf dem grünen Buch klebt und das Titelbild mit den blauen Ecken auf dem bläulichen Buch (s. hier). Die Lego-Designer handeln in solcher Hinsicht bisweilen etwas unlogisch.


Die Arme der Finsternis

17. Januar 2010

Im Gegensatz zu annähernd allen Google-Suchergebnissen nach „Arme der Finsternis“ (Ich hab’s überprüft.) hat sich in die Überschrift nicht das Fehlerhörnchen eingeschlichen, sondern es geht tatsächlich um obere Extremitäten. Um Finsternis freilich auch nicht, aber ich habe meinen Kalauern gegenüber ja auch eine gewisse Sorgfaltspflicht. Jedenfalls.

Dank der neuen Atlantistaucher gibt es nun im Lego-Œvre* auch apfelgrüne Minifigarme. Diesem Umstand wußte ich einen Nutzen abzugewinnen. Denn durch die inzwischen etlichen (Ich hab’s nachgezählt: Es sind exakt etliche.) grünlichen und bräunlichen Farben, in denen Minifigarme nun erhältlich sind, ist es möglich, die dreißig Robin-Hood-Figuren, oder wie viele man halt davon hat, etwas zu individualisieren.
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Jetzt sind die eineiigen Zehnlinge wenigstens unterscheidbar gewandet.

Was würde Errol Flynn zu diesem Gemetzel sagen? Zur apfelgrünen Strumpfhose hat es bislang nicht gereicht, aber die kann ja noch kommen.


Buch der Woche: Die Merseburger Zaubersprüche

13. Januar 2010

Diese als Buch zu bezeichnen, ist freilich großartig übertrieben. Denn es handelt sich lediglich um ein einzelnes Blatt, auf dem ungefähr im 10ten Jahrhundert zwei sehr viel ältere Sprüche in althochdeutscher Sprache verzeichnet wurden. Dieses Blatt ist das erste in einem Buch mit ansonsten christlichen Gebeten, was kurios ist, denn die Zaubersprüche selbst stammen aus vorchristlicher Zeit, aus dem 8ten Jahrhundert oder früher. Der Mönch, der dieses Gebetbuch zusammenstellte, mag sich gedacht haben: „Ach, was soll’s, Gebet ist Gebet.“ Auf diese Weise sorgte er dafür, daß überhaupt irgendein schriftliches Zeugnis heidnisch-religiösen Brauchtums der Germanen erhalten blieb. Entdeckt wurden sie 1841 in der Bibliothek des Domkapitels zu Merseburg, daher der Name. Die Brüder Grimm waren schier begeistert.

Aus der karolingischen Minuskel in lateinische Schrift übertragen, lautet einer der Sprüche wie folgt:

Eiris sazun idisi
sazun hera duoder.
suma hapt heptidun,
suma heri lezidun,
suma clubodun
umbi cuoniouuidi:
insprinc haptbandun,
inuar uigandun.

Man sieht schon: Man versteht nix. Ambitionierten Neuheiden und Anhängern affektierten Schamanentums mag dieser Umstand möglicherweise in die Karten spielen. Je unverständlicher magisches Gemurmel ist, desto glaubwürdiger scheint es; klar und deutlich kann ja jeder. Also, viel Spaß mit dem Spruch! Wendet ihn bei Gelegenheit mal an, vielleicht wirkt er ja. Für oder gegen irgendwas.
(Angeblich geht es um einen Lösezauber. Rätselfreunde aufgemerkt!)

Für die Menschen des 8ten Jahrhunderts war diese Sprache freilich alltäglich. Sie bauten also gar nicht auf die beschwörend-magisch klingende Unverständlichkeit, sondern auf den reinen Inhalt der Sprüche. Wieviel der Mönch des 10ten Jahrhunderts, der diese Sprüche seiner Gebetsammlung hinzufügte, noch von dem verstand, was er da niederschrieb, muß Gegenstand der Spekulation bleiben. In gleicher Weise ist fraglich, was sich die Fliesenbedrucker im Hause Lego dabei dachten, als sie die Zaubersprüche in Sets wie 6020, 6048 und vierzehn weiteren unterbrachten.


Der Zacken in der Krone.

7. Januar 2010

Soeben fiel mir zum ersten Mal auf, daß die Zacken in den Lego-Kronen unterschiedlich hoch sind. Es sind abwechselnd große und kleine, aber darum soll es eigentlich gar nicht gehen. Vielmehr geht es um die Farbe dieser Herrschaftsinsignie. Denn wie man im links gezeigten Bild ununschwer (also schwer) erkennen kann, soll die Krone dieses trolligen Königs ungefähr bronzefarben sein. In der Bauanleitung des Sets 7097 ist diese bronzene Krone mit der Nummer 4549903 angegeben.

Leider purzelte eine braune Krone aus dem Karton, und es hat den Anschein, als täte sie das bei jedem anderen auch. So geht’s ja nicht! Ich wandte mich also ganz gegen meine Art an den Lego-Service, schilderte den Fehler und bat um Zusendung des korrekt gefärbten Teils. Eigentlich tat ich das eher, um Lego wissen zu lassen, daß ihre kleine Farbschummelei nicht unbemerkt blieb (also bemerkt wurde); ich rechnete nicht ernsthaft damit, daß man mir eine bronzefarbene Krone zusenden würde oder überhaupt könnte. Denn da in jedem bekannten Exemplar des Sets bloß das braune Teil enthalten ist, mußte ich davon ausgehen, daß ihnen die bronzenen Kronen ausgegangen waren. Darum bestellte ich vorsichtshalber und parallel auch zwei bronzene Kronen via BrickLink. Denn, sapperlot! bei BrickLink sind sie erhältlich! Man wird sich fragen dürfen, weshalb Lego die dort erhältlichen Kronen an BrickLink-Händler abgab, statt sie, wie es sich gehört, ins dafür vorgesehene Set zu packen?

Heute nun erhielt ich tatsächlich Post von Lego, und gespannt, was für ein Teil enthalten sein würde, öffnete ich den Umschlag – natürlich war eine braune Krone drin. Nichts anderes hatte ich erwartet. Merkwürdig ist allerdings die auf dem Lieferschein angegebene Nummer: 4594684. Noch merkwürdiger ist, daß diese Nummer mit Bleistift durchgestrichen und stattdessen die Nummer 4549900 daruntergesetzt wurde. Letzteres scheint also die Nummer der braunen Krone zu sein. Erst dachte ich: „Aha, sie haben gemerkt, daß sie keine bronzenen Kronen haben, also strichen sie die Nummer der bronzenen Krone durch.“ Aber das stimmt ja nicht, denn die bronzene Krone wäre 4549903 gewesen. Und die im Set ebenfalls enthaltene güldene Krone kann es ebenfalls nicht sein, denn die wäre 4100457. Alles sehr merkwürdig.

(Bilder = Links) Die bronzene Krone scheint schief zu sitzen. Vielleicht gab es ein technisches Problem in der Produktion, und es wurden deswegen die Sets einfach mit dem braunen Rohling bestückt. Wir werden es wahrscheinlich nie erfahren.

Trotz alledem gebührt dem Lego-Service mein Dank, denn er tat ja alles, was ihm möglich war, um mir eine Krone zukommen zu lassen. Für die Ungereimtheiten in Legos Produktion und Lagerhaltung kann er ja auch nichts.


Buch der Woche: Neckermann-Katalog Östliches Mittelmeer

6. Januar 2010

Da heute der Dreikönigstag ist, halte ich es für vollkommen angemessen, diesen Reisekatalog auf den Büchertisch zu legen. Nicht zuletzt auch, damit er danach vom Tisch ist.

Von den drei Königen aus dem Morgenland weiß man zwar eigentlich gar nichts, vor allem nicht ihre Anzahl (drei), nicht ihre Namen (Kaspar, Melchior, Balthasar) und ihre genaue Herkunft (Morgenland), aber immerhin, daß sie keine Könige waren (sondern „Weise“) und daß sie reisten. Nämlich aus dem Morgenland nach Jerusalem. Einen Reisekatalog brauchten sie für diese Unternehmung freilich auch nicht, sondern ihnen genügte es, einem Stern zu folgen. Weisen ist es ja eigentümlich, daß sie am Himmel erscheinende Sterne eindeutig und unzweifelhaft neugeborenen Königen zuordnen können, und damit liegen sie selten falsch. Derhalben führte sie ihr Weg nach Jerusalem, der Hauptstadt Judäas, um im Palast des Königs Herodes mal anzufragen, wie es denn dem Thronerben gehe, und ob Einwände gegen ein bißchen Anbetung bestünden. Weise neigen dazu, fremde Könige direkt mal anzubeten, scheint’s, am liebsten im Kindesalter. Es muß sich also um tibetanische Mönche gehandelt haben, die zudem über eine erlesene Bibliothek verfügten. Denn.

Herodes wußte natürlich von nichts, ließ also vor allem mal seine eigenen Hofmystiker und -narren antanzen, auf daß sie die Morgenländer ausforschten. Ein neugeborener König der Juden, wo gab’s denn sowas! Ja in Bethlehem, wußten die Tibetaner zu berichten. Denn das hatten sie ihrer Bibliothek entnommen, daß der Prophet Micha dieses vorausgesagt habe. Hmpf, grunzte daraufhin Herodes, dem so ein dahergeborener König der Juden, welcher nicht der Kraft seiner erlauchten Lenden entsproß, so gar nicht ins dynastische Konzept paßte. Hmpf, wiederholte er also und bat die Weisen, sich das Blag in Bethlehem doch mal anzusehen, dann zu ihm, Herodes, zurückzukehren und Bericht zu erstatten. Er wolle dann selbst bei Gelegenheit auch mal hin, anbetenderdings. Die Weisen zogen also weiter nach Bethlehem, beteten an, brachten Geschenke dar und reisten zurück ins Morgenland, ohne aber noch mal nach Jerusalem zurückzukehren. Befehl von ganz oben. Also ganz oben, noch über Herodes. (Gott.)

Ach ja, zwischendurch wollen wir auch mal einen Blick aufs Buch werfen:

Wir erkennen den Stern (die Sonne), das Kind, und augenscheinlich amüsiert es sich königlich. Die Weisen hatten recht. Aber die Geschichte geht noch weiter. Da die Morgenländer nicht zu Herodes zurückkehrten, erhielt dieser keinen Aufschluß darüber, wo genau er nach diesem usurpatorischen Bankert suchen sollte, aber wozu war man denn König? Als solcher befahl er kurzerhand, daß in der Umgebung von Bethlehem alle Neugeborenen, ach, was soll der Geiz! daß alle Kinder unter zwei Jahren auf der Stelle getötet würden. Und so geschah es. Das eigentliche Ziel des Anschlags jedoch schlüpfte ihm durch die Finger, denn dessen Eltern wurden im Traum vorgewarnt und konnten fliehen. Die Eltern der anderen unschuldigen Kindlein freilich nicht. Tja.

Was lehrt uns das? Astrologie ist vom Übel. Ohne sterndeuterischen Hokuspokus wären keine Halbweisen aus dem Morgenland aufgekreuzt, hätte Herodes keine Thronfolgepanik gekriegt, wären etliche Kindlein unermordet geblieben. König der Juden wurde der Knabe, zum Manne herangereift, überdies auch nie.

Und nun noch ein Wort zu den heiligen drei Königen, wie sie landläufig genannt werden. Ihre Gebeine sollen im Kölner Dom liegen, wo auch sonst. Daß sie nicht heilig waren, sondern offenkundig unseligen Kulten huldigten, haben wir schon gesehen. Daß sie keine Könige waren, geht aus dem Matthäus-Text hervor, dem ihre Geschichte entnommen ist, denn dort ist ausschließlich von „Weisen“ die Rede. Daß ihre Namen in diesem Text nicht erwähnt sind, versteht sich fast schon von selbst. Daß ihre Anzahl drei gewesen sei, wird lediglich aus der Dreizahl der genannten Geschenke Gold, Weihrauch und Myrrhe geschlossen. Daß sie aus Tibet stammten, habe ich ja in bestechender Logik zu beweisen vermocht; das war selbst Matthäus nicht bekannt. Zum Glück war er klug genug, nur vage vom „Morgenland“ zu sprechen.

Den Neckermann-Katalog, der den Jungs als Wegführer diente, oder auch nicht, findet man übrigens im Set 3117.