
Vier Jahre nach dem Erscheinen des Katapults 6030 wurde es für Lego Zeit, den Rittern des Burgenlands eine neue Belagerungsmaschine zur Verfügung zu stellen. 1988 waren also die Löwenritter an der Reihe, und natürlich durfte das neue Katapult nicht genau so aussehen wie das alte. Daher wurde sich diese merkwürdige Konstruktion als doppelarmige Steinschleuder ausgedacht, die ich persönlich nie als besonders gelungen empfand. So wenig gelungen gar, daß ich nicht einmal Wert darauf legte, mir einen makellosen Karton für das Set zu besorgen, zum Beispiel einen, auf dem nicht das vorbesitzende Kind seinen Namen hinterlassen hat.

Mitte der 80er Jahre erfuhr Lego eine Reihe wahrer Evolutionssprünge, jedes Jahr enthielten die Sets neue aufregende Teile. Jedoch drängt sich der Eindruck auf, daß bisweilen auch Teile mit Macht verbaut wurden, weil sie nun einmal vorhanden waren. Die Scharnier-Enden an den Katapultarmen sind so ein Fall. Neu und unbestritten toll hingegen waren aber auch die kleinen Kutschräder, das braune Fäßchen und natürlich die Kuvertüre. So nennt man die prachtvolle Schabracke eines ritterlichen Streitrosses.
Warum ausgerechnet die Besatzung einer Steinschleuder solch eine kostbare Pferdedecke besitzt, ist nicht auf den ersten Blick einsichtig. Denn zum Pferd eines Turnierritters würde sie viel besser passen, und das ist auch in der Tat wahr. Im Jahre 1988 enthielt die Firma Lego nämlich den meisten ihrer Kunden das Turnierset 1584 vor, das nur in kleiner Auflage ..irgendwo.. erschien und selbstverständlich auch beschabrackte Turnierrösser enthält. Damit auch der Normalkunde in den Genuß dieses Teils kam, mußte es also in irgendeinem anderen Set untergebracht werden. Drum.

Im Vergleich mit dem Katapult 6030 gleichgeblieben sind die Wurfgeschosse: gelbe Rundeiner. Wer besonders schwere Treffer erzielen will, kann freilich nun auch rote Rundeiner werfen. Ebenfalls gleich blieb, daß die Besatzung keine Wappenschilde trägt, sondern graue Rundschilde. Der Umstand, daß, wie erwähnt, das Pferd mit Schabracke enthalten sein mußte, erforderte es, mindestens einen der Knappen in einen Stand zu versetzen, der ihm den Besitz eines solchen Pferdes erlaubte, ohne ihn aber gleichzeitig zu vornehm zu machen, als daß er sich noch mit der Bedienung eines Katapults abgeben würde, zu der, da es sich nun mal um eine Doppelarm-schleuder handelt, zwingend zwei Mann vonnöten sind, während das Set seinerseits zu klein ist, um mit einer dritten Minifigur bestückt zu werden. Hätte Lego das Turnier 1584 einfach als reguläres Set in den 1988er Katalog aufgenommen, hätten sie sich diesen komplizierten Kompromiß sparen können. Hamse aber nicht, nun ja.
Neben dieser personellen Schieflage, die mir schon als Kind das Set suspekt machte, ist auch das Katapult kritikwürdig. Möglicherweise verhinderte das beigefügte Pferd eine sorgfältigere Ausführung, da für das Set nur ein gewisses Budget bewilligt war, welches durch den Zossen samt Schabracke und Rückenaustauschzweier dann leider ausgeschöpft wurde. Jedenfalls wirkt diese Steinschleuder etwas klapprig. Auf der relativ schmalen Basis des Fahrwerks erhebt sich mittig ein nicht sehr stabiler Aufbau, an dem beidseitig die zwei Katapultarme befestigt sind. Die seitlich herausragenden Stangen, die den Schwung der Katapultarme abfangen sollen, verstärken den Eindruck, daß das Gebilde schlecht proportioniert und kopflastig ist.
Es bleibt festzuhalten, daß es für ein Set nicht genügt, aus der goldenen Zeit der 80er Jahre zu stammen. Auch damals entwarf Lego bisweilen mittelmäßige Sets, und diese Zwillingsschleuder ist ein solches.