Der 31ste Oktober.

31. Oktober 2012

Tjaja, der 31ste Oktober ist der Reformationstag. Luther, Thesen, Ablaßhandel, Schloßkirche, MDXVII, Wittenberg: Kennt man ja. Das nebenstehende Bildchen kennt man ebenfalls, denn das zeige ich seit auf den Tag genau 10 Jahren alljährlich an diesem Datum vor. Genaugenommen zeige ich freilich nicht dieses Bild vor, sondern das Modell. Das Bild nahm ich heute anläßlich des 10jährigen Jubiläums noch mal neu auf, um es auf den Stand der Zeit zu bringen. Es wurde somit „digitally remastered“. Also Obacht gegeben, falls es jemand anklickt! Es ist jetzt groß.

Auch, wenn ich es nicht wahrhaben will, so ist heute doch der Tag vor Allerheiligen, mithin Halloween, das Amalgamfest der Kulturverwurster. Doch dem sei, wie ihm wolle; obwohl ich dank der oben angeschlagenen 95 Thesen und dem, was sich danach entspann, mit Allerheiligen, Totenkulten und dem darumherumwabernden Brauchtum nichts zu tun habe, habe ich dennoch dieses Lego-Set mit Halloween-Thema.

Das Set 850487 bietet eine Ansammlung von Gestalten, die irgendwie mit Halloween in Verbindung gebracht werden können, nebst niederem Getier und dem Arbeits- und Schlafplatz des Zombies, sprich: Ein frisches Grab. Bemerkenswert an diesem Grab ist der Grabstein, den eine dunkelgraue Brieffliese mit Fledermaus ziert. Gibt’s nur da. Ebenso gibt es den Zombie nur in diesem Set, und zwar ist er eine braungewandete Version des grauen Zombies aus der ersten Sammelminifigkiste. Warum er ein Walkie-Talkie mitführt, weiß ich nun nicht, vermutlich ist das eine Anspielung auf irgendeinen der zahllosen Zombie-Filme, die ich nicht sah. Die Hexe gab es ebenfalls schon als Sammelminifig. Die Verpackung dieser Zusammenstellung ist im selben Design ausgeführt wie die Monster-Fighters-Sets, was ja auch naheliegt, jedoch ist die Zugehörigkeit des Halloween-Packs zur Geisterjägerserie nicht offiziell, denn es fehlt hier der entsprechende Schriftzug.

Wiewohl man auf weitere Schlangen, Fledermäuse und Spinnen nicht unbedingt gewartet hat, bietet dieses Set doch einige brauchbare Teile, vornehmlich die bodendeckende Grabbepflanzung und die ominöse Grabsteinfliese sind zu nennen. Sicherlich brauchen wir uns nicht der Illusion hinzugeben, daß Lego es nun gutsein läßt mit Zombies, Geistern und Untoten. Das nächste Thema mit Skeletten oder Zombies wird nicht ewig auf sich warten lassen. Aber für uns war es das nun erst einmal. Schönen Feiertag!


Carcassonne – Kurzes Update.

19. Oktober 2012

Carcassonne – Das Spiel, das niemals schläft. Alle Naselang werfen der Hans-im-Glück-Verlag und andere Lizenznehmer neue (bisweilen aber auch weniger neue) Erweiterungen und Mini-Erweiterungen auf den Markt. Da ist es gar nicht so einfach, die Orientierung zu behalten oder das Languedoc, also die Gegend um die Stadt Carcassonne, zu kartographieren. Zum Glück gibt es nun „Die Windrosen“, eine Mini-Erweiterung, die man sich auf einer Spielemesse in Leipzig per Schnitzeljagd verdienen mußte. (Wer nicht in Leipzig war, muß bei Ebay mit Auktionspreisen zwischen 30 und 60 Euro rechnen. Mein Exemplar war zum Glück eins der billigeren.) (Und ein Dank geht an Felix H., der mich überhaupt auf die Existenz der Erweiterung aufmerksam gemacht hat.)
Jedenfalls besteht die Erweiterung aus sechs Landschaftskarten: Zwei vollen Windrosen und vier Vierteln, nämlich Nord-Ost, Nord-West, Süd-Ost und Süd-West. Soweit logisch. Die orangene Start-Windrose teilt das Spielfeld in eben diese Viertel ein, und wer eine der Viertel-Karten in dem Viertel placiert, das auf dem Kärtchen angezeigt ist, erhält 3 Punkte, unabhängig davon, was durch diese Karte außerdem noch gewertet wird. Wird die blaue Windrose gezogen, überstimmt diese die orangene Start-Windrose, legt also die Himmelsrichtungen neu fest. Das war’s auch schon.
Die offensichtliche Hausregel zur Verwendung der Windrosenkarten wäre, durch das Aufdecken und Anlegen einer solchen Karte den erlaubten Anlegebereich für den weiteren Spielverlauf zu definieren. Man müßte sich allerdings merken, welches Kompaßviertel als letztes, also gültiges, angelegt wurde. Die blaue Rose würde das Spielfeld wieder uneingeschränkt zur Besiedlung freigeben.

Eine weitere neue Zusatzdienstleistung in Carcassonne ist der Immobilienmarkt. Die Mini-Erweiterung „Die Häuser“ ist in Heft 5/2012 der Magazins Spielbox enthalten und besteht nicht aus Landschaftskarten, sondern aus 18 Gebäudeplättchen. Es sind dies sechs Türme, sechs Häuser und sechs Schuppen, die gleichmäßig an alle Mitspieler verteilt werden. Statt eines Gefolgsmanns darf man eins der Gebäude auf die frisch angelegte Landschaftskarte bauen. Sobald etwas fertiggestellt und gewertet wird, was mit der Landschaftskarte in Verbindung steht, auf dem das Gebäude liegt, wird durch das Gebäude ein Punkt hinzugewertet. Sollte das fertiggestellte Gebiet netterweise mit mehr als einem Haus/Turm/Schuppen in Verbindung stehen, gibt es für jedes Gebäude einen Zusatzpunkt. Nach der Wertung zum Beispiel einer Stadt bleibt das Haus auf der Karte liegen und kann auch noch für weitere fertiggestellte Gebiete Zusatzpunkte bringen, die ebenfalls mit der entsprechenden Landschaftskarte in Verbindung stehen, etwa, wenn diese Karte auch zu den Ländereien eines Klosters gehört. Auch in die Bauern- und Schlußwertung fließen die Häuser mit ein. So ein Haus nützt jedem, der durch die Wertung eines zugehörigen Gebiets Punkte bekommt, unabhängig davon, wer das Haus dort hinlegte.
Keine Hausregel, sondern eine offizielle Spielbox-Variante ist, daß die verschiedenen Gebäudetypen auch unterschiedliche Punktewerte bringen. Demnach bringt ein Turm 3 Punkte, ein Haus 2, und ein Schuppen einen Punkt.

Kommen wir nun zur neuen Kartographie. Der verwendete Spieltisch sollte groß sein, sehr groß, denn ein Spiel mit allen großen und kleinen Erweiterungen besteht nun aus so vielen Landschaftskarten:

72 aus dem Grundspiel „Carcassonne“
12 aus dem „Fluss“
18 aus der „Erweiterung“ (Wirtshäuser und Kathedralen)
24 aus der 2. Erweiterung „Händler & Baumeister“
 5 aus dem „König (& Späher)“*
 4 aus den „Katharern“
12 aus dem „Grafen von Carcassonne“*
30 aus der 3. Erweiterung „Burgfräulein und Drache“
12 aus dem „Fluss II“*
18 aus der 4. Erweiterung „Der Turm“
12 aus der Games-Quarterly-Erweiterung
18 aus der 5. Erweiterung „Abtei und Bürgermeister“†
 5 aus den „Kultstätten“*
12 aus „Cult, Siege & Creativity“
12 aus der 7. Erweiterung „Das Katapult“
 4 aus den „Tunneln“
88 aus dem „Schicksalsrad“‡
12 aus der 8. Erweiterung „Brücken, Burgen & Basare“
 6 aus den „Kornkreisen“
 6 aus der „Pest“
10 aus dem „Fest“
 2 aus der „Schule“
 8 aus den „Fluggeräten“
 8 aus den „Fähren“
 8 aus den „Goldminen“
 8 aus „Magier & Hexe“
 8 aus den „Räubern“
 6 aus den „Kornkreisen II“
 6 aus den „Windrosen“
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446 aus allem, wenn Startkarten wie normale Karten mitverwendet werden und ich mich nicht verzählt oder -rechnet habe.

*) Auch enthalten in der 6. Erweiterung „Graf, König und Konsorten“.
†) 12 Landschaftskarten + 6 Abteikarten, die auch in die Auslage integriert werden.
‡) 72 Landschaftskarten + die Fläche von 16 Karten, die das Schicksalsrad bilden.

446 ist freilich schon wieder so eine Zahl, die durch nichts Vernünftiges teilbar ist. Halt nur durch 2 und 223, ihrerseits Primzahlen. (Gibt es eigentlich in der Mathematik auch eine Bezeichnung für Zahlen, die nur durch 2 und [Ergebnis ihrerselbst/2] teilbar sind? Sekundzahlen?) Jedenfalls fiele es leichter, eine Fläche mit ebenmäßiger Kantenlänge zu erstellen, wenn man zwei Landschaftskarten wegließe. Kandidaten wären die beiden Blankokarten aus „Cult, Siege & Creativity“ oder die reguläre Startkarte nebst einer Flußmündung, da eine zusätzliche also überzählige solche ja in der Games-Quarterly-Erweiterung enthalten ist. Aber egal.


Also, die Monster Fighters (3).

14. Oktober 2012


Das Duell ist offenbar so la-la ausgegangen. Der Fürst der Finsternis wurde jedenfalls nicht vernichtet, sondern lediglich ins Exil geschickt. Im später erschienenen Geisterhaus 10228 leben er und seine Königin der Verdammten unbehelligt und umsorgt von dienstbaren Geistern. Diese dem Verfall preisgegebene Holzvilla sucht man eher nicht im alteuropäischen Transsilvanien, sondern in den amerikanischen Südstaaten, laß sagen: Louisiana. Die wackeren Geisterjäger scheinen ihre Apparaturen noch nicht auf die Neue Welt ausgerichtet zu haben, denn das Set ist Monsters-only, ohne Fighters.

Wir sehen vor uns also ein herrschaftliches Haus im viktorianischen Stil, falls man in Amerika, das ja nicht von Queen Victoria regiert wurde, davon sprechen kann. (Kurze Internetrecherche: Man kann.) Das Geisterhaus ist im Wesentlichen ein Holzhaus auf Ziegelfundament, und der bauliche Zustand ist beklagenswert. Das Fundament hat Risse, der Putz bröckelt von den Latten der Wände, und in jedem zweiten Fensterrahmen fehlt die Scheibe. Spinnweben würden den Blick behindern, wenn ich denn die mitgelieferten Aufkleber angebracht hätte. Die Fensterläden, soweit vorhanden, klappern im Wind, doch was da so vorm Fenster heult, mag auch ein Geist sein; Haltegriffe für Caspers unfreundliche Cousins sind reichlich ums Haus herum angebracht. Das Bates-Motel ist Gold dagegen.

 Derselbe morbide Charme bestimmt auch das Innere des Gebäudes. Der Fußboden im Erdgeschoß ist termitenzerfressen, die Einrichtung ist karg. Im Eingangsbereich gibt es nichts als eine schadhafte Holztreppe, die ins erste Stockwerk führt, und einen schwenkbaren Kamin. Diesen soll man freilich bei komplett aufgeklapptem Haus spacks an die Wand des Schornsteins klemmen. In all dem Chaos und Verfall ist ausgerechnet das Buddelschiff auf dem Kaminsims unbeschadet geblieben. Eine Remineszenz an den Fliegenden Holländer? (Der ist jedoch nicht Teil der Monster-Fighters-Reihe, sondern separat im Spongebob-Programm erhältlich.) Auf der anderen Seite des Erdgeschosses befindet sich die Küche. Zu einem alten Küchenherd (Gas? Kohle?) ohne Ofenrohr gesellt sich ein klappriger Tisch, auf welchem noch leere Einmachgläser darauf verweisen, daß die Bewohnerschaft des Hauses sowieso keine menschliche Nahrung mehr zu sich nimmt. Also wagen wir uns einmal in die erste Etage!

Linker Hand, am Kopf der Treppe, haben wir das Erkerzimmer. Einen Sekretär nebst Hocker und Tischchen fürs Tintenfaß sehen wir hier. Der Sekretär ist nicht ganz im Empire-Stil ausgeführt. Der Erker ist zwar leer, doch das muß er ja nicht bleiben. Denn an dieser Stelle ist es angebracht, das Tütchenset 30201, Nachtgespenst mit Standuhr, in die Handlung einzuflechten. (Solch ein leuchtendes Bettlakengespenst mit Kette am Bein hatte Playmobil übrigens schon 1983 im Sortiment, aber das nur am Rande.) Wenn man also den Schreibtisch in den Erker verrückt, wo die erkertypische Gemütlichkeit dem Gedankenfluß beim Schriftverkehr sicher dienlich ist, paßt die Standuhr schön an die freie Wand neben dem Schornstein. Und wenn mir nicht soeben erst aufgefallen wäre, daß die Bodenluke sich durchaus vollständig schließen läßt, hinge sie nicht demotiviert ins Bild. Aber jetzt ist das Licht unpassend, um das Zimmer erneut zu photographieren. Gegenüber haben wir das Schlafzimmer. Dortselbst hat der Vampir einst sein Herz verloren, doch in einem geordneten Haushalt geht zum Glück nichts verloren. Der Lattenrost trägt leider keine Matratze mehr. Urgemütlich wird die Schlafstatt durch das Hirschgeweih über dem Bett, und dank funktionaler Beleuchtung kann vor dem Einschlafen noch gelesen werden. Die braunen Platten an den Wänden, von denen sich die Tapezierung schält, sollten eigentlich die Portraits verschiedener Protagonisten dieser Serie tragen, aber auf die Aufkleber verzichtete ich wie üblich.

Über die schon erwähnte Bodenluke gelangt man auf den Dachboden, zu welchem Zwecke sich die schicke Bodentreppe auseinanderfaltet. Auf dem Dachboden findet sich der übliche Krempel: Ritterhelme, Kisten mit alten Zeitungen und Schellackplatten, die Sammlung menschlicher Knochen, Musketen und Einmachgläser vor allem. Sehr schön ist das Grammophon. Es besteht begründeter Verdacht, daß es auf dem Speicher spukt. Den herumliegenden menschlichen Schädel identifiziere ich übrigens mit Murray. Und damit kommen wir zum Ensemble.

Davon ausgehend, daß für die gesamte Serie, aber auch für dieses Geisterhausset im Besonderen, klassische Horror- und Gruselmotive der Populärkultur Pate standen, dürfen wir im Vampir Opa Munster, in Vampirella seine Tochter Lily Munster und im frankensteinesquen Butler Herman Munster (natürlich in schwarz-weiß!) vermuten. Hinzu treten zwei Hausgeister und als special Guest Rapp Scallion, der Zombiekoch.

Und dennoch. Daß der Vampirlord neben seinem Lustschloß in den Karpaten noch dieses Landhaus im Mississippi-Delta bewohnt, ist irgendwie ein Bruch und erregte mein Mißfallen, als ich anhob, planlos Bilder der Sets zu schießen. Die Herren des Zombie-Hauses könnten genausogut Zombies sein. In alternativer Besetzung sähe dies so aus:

Denn ein Set fehlt ja noch, leider auch im Katalog; Set 9465, die Grabstätte der Zombies, ist als Sonderset zu werten und nicht regulär im Handel erhältlich. Somit ist auch der Zombie-Mondstein schwer erhältlich, der prominent auf dem Grabmal ..äh.. versteckt kann man nicht sagen. Ist. Der Aufgabe folgend, diesen Stein zu besorgen, wiewohl der das siebte Rad am Wagen ist und somit unnötig, hat Jack McHammer eigens seinen Opel Blitz etwas umgerüstet, um sich ihm in den Weg stellende Zombies zur Seite zu pflügen und automatisiert wegzuhämmern.
Dabei wollten die Corpse Bride und ihr Gemahl doch lediglich ihren gemeinsamen Tod genießen, in ruhiger Lage und ungestört von lästigen Weltverbesserern. Als ich die Bilder machte, imaginierte ich diese ruhige Lage irgendwo im weitläufigen Garten des Spukhauses, wo ich die Familiengruft vermutete, darum der Blick durch das geöffnete Tor. Abermals kann unterstellt werden, daß die Kreatoren dieser Serie sich neben den offensichtlichen Vorbildern auch von der Computerspielserie „Monkey Island“ inspirieren ließen. Zumindest war angesichts der Zombiebraut und ihres Galans mein erster Gedanke: Minnie Strone-Meistersuppe. Das kann freilich eine Freud’sche Fehlleistung sein, denn im Grabmal steht in der Tat eine Meistersuppe bereit, bestehend aus Knochen und Glibber, gedacht dazu, sich über denjenigen zu ergießen, der sich unterstehen sollte, den Mondstein zu entwenden.

Das war sie, die Monster-Fighters-Serie. Alle gängigen Monster und Spukgestalten wurden integriert, bis eventuell auf eine kleine Ausnahme, zu der wir aber später kommen. Ob die Reihe im kommenden Jahr fortgesetzt wird, bleibt abzuwarten, ist aber unwahrscheinlich. Denn die thematisch und strukturell verwandte Vorgängerserie „Pharaoh’s Quest“ blieb ebenfalls einjährig.


Also, die Monster Fighters (2).

6. Oktober 2012

Aus dramaturgischen Gründen muß die Reihenfolge der Monster-Fighters-Sets in dieser Besprechung nun etwas von der numerischen Rangfolge abweichen. Genaugenommen geht es jetzt etwas durcheinander, aber als ich eines schönen Septembertages planlos Bilder von Sets der Serie knipste, hatte ich eben dies nicht: Einen Plan.

Einen Plan hingegen hat natürlich der verrückte Professor im Set 9466, nennen wir ihn… na, wie nennen wir ihn denn mal? Frankenstein. Er will, gottgleich, einem Klumpen Fleisch Leben einhauchen, bzw. einbrutzeln. Und das Ergebnis dieses Experiments ist natürlich Frankensteins Monster, von Unkundigen gern selbst „Frankenstein“ geheißen. Ort des gruseligen Geschehens ist ein Labor in den Mauern der Burg Frankenstein; das Gemäuer im Set paßt stilistisch auch zum Vampirschloß 9468, zu dem wir später noch kommen werden.

In der viktorianischen Zeit, die popkulturell zum „Steam Punk“ veramalgamiert wurde, war Wissenschaft noch ambitionierte Scharlatanerie (nicht, daß dies heute noch so wäre!), und in gewissen unerforschten Phänomenen vermutete man heilsame Kräfte, sei es nun der Magnetismus, die Radioaktivität, auch die Hypnose, und vor allem die Elektrizität. Letzteres sieht Lego genauso und elektrifizierte das Labor, was zu einem hübschen optischen Effekt führt, die Minifig jedoch nicht zu beleben vermochte, ich hab’s probiert. Und was nicht durch das Wunder der Elektrizität luminesziert, wird eben radioaktiv zum Glühen gebracht. In diesem Set sind dies eine Spinne, ein grinsender Totenschädel und eine Laborratte. Spooky!
Diesem unseligen Treiben wollen Rodney Rathbone und Major Quinton Steele ein Ende bereiten und natürlich gleich den Elektrizitätsmondstein miteinsacken. Das schlafanzugblaue Gefährt gleicht einer „Ente“, die zwar nur bedingt viktorianisch genannt werden kann, mit den gezeigten Umbauten aber durchaus steampunkig. Von nun an wird die Szenerie bestimmt von Gespenstern, Vampiren und Zombies.

Was wäre dampf-punkiger als eine Dampflok? Richtig, nichts. Ein Feuerroß paßt absolut in die Zeit. Warum Gespenster einen Geisterzug zur Fortbewegung benötigen, und wozu sie sich eigens Knochen und dergleichen Gedöns an die Lok dengeln, sollten wir besser nicht hinterfragen, denn Logik ist natürlich nicht das Zentralmotiv dieses Abenteuerthemas. Aber jedenfalls flattern die Waggons, wenn der Zug sich bewegt (oder der Zug bewegt sich, weil die Waggons flattern, wer weiß!), und knipst man das Licht aus, glüht es mal wieder sehr manierlich. Die geisterhafte Flamme, die der Esse entlodert, sollte eigentlich auch leuchten, aber das hielt mein Lichtbildapparat leider nicht fest. Und überhaupt, die Gespenster. Es handelt sich um eine neue Generation, immer noch in glimmende Bettlaken gewandet, aber der gegenwärtigen Krise ausgesetzt, also entsprechende Mimik zeigend. Neu ist auch der Zipfel am Hinterkopf.

Es ist Frank Rock und Ann Lee vorbehalten, die Geister einzusaugen, und zwar in Ghostbusters-Manier, liegt ja nahe. Damit Frank Rock auch seine Hauptfertigkeit ausspielen kann, muß das Sauggerät natürlich propellergetrieben und luftgetragen sein. Eine taktische Variante besteht darin, Ann Lee mittels der Kette auf dem fahrenden oder flatternden Zug abzusetzen, damit das taffe Mädchen dort in den Nahkampf gehen oder auch aus der mitgeführten Arrestzelle des Zuges einen Gefangenen befreien kann. Klar, Geisterschiffe haben eine Brigg, Geisterzüge brauchen so etwas natürlich auch. Außerdem soll der Geistermondstein beschlagnahmt werden. Damit hätten wir sechs von sieben Mondsteinen beisammen, was ausreicht, um zu Phase 2 des Vorhabens überzugehen: Der Mond wird verdunkelt!

Jules Verne, the Godfather of Steampunk, wäre noch geradewegs zum Mond gerudert, in einer Teakholzrakete mit dekorativen Messingapplikationen. So weit gehen unsere wackeren Geisterjäger nicht. Dr. Rodney Rathbone als Expeditionsleiter und Jack McHammer begeben sich in einem schnieken Spezialautomobil mit Vampirfangvorrichtung nach – so darf vermutet werden – Transsilvanien, woselbst am Hauptturm des Schlosses des Vampirlords (Ehrlich! Lego traut sich nicht, den mondänen Blutsauger „Dracula“ zu nennen.) eine Gerätschaft angebracht ist, die diesem Zwecke zu dienen scheint.

Aber Pustekuchen! Dracula hat selbst solche Steine gesammelt und gedenkt, sie einzusetzen. Es hätte ja auch mal irgendwem auffallen können, daß dem Fürsten der Finsternis daran gelegen sein könnte, sein Reich zu erweitern, zum Beispiel per Verdunklung des Mondes, selbst wenn dann der Werwolf nicht mehr funktioniert. Bauernopfer.

Was soll’s, versagt, die ganze Sammelei der Mondsteine war vergebens, denn das Set 9468 enthält schon sechs solche Steine; innerhalb der Serie gibt es also jeden Stein zwiefach. Wie dem auch sei, der fiese Vampir muß im Eins-zu-Eins-Gefecht niedergestreckt werden. Unsere Helden machen also einen Rundgang durchs Schloß, auf der Suche nach der Gruft des Vampirs. Die ist freilich schnell gefunden, liegt sie doch ungeschützt dem Haupttor gegenüber. Wer denkt sich denn so was aus!

Eine weitere schauerliche Entdeckung im Schloß ist zum einen der Verliesturm, wo dem an Ketten aufgehängten Skelett, vormals Gefangenem, auch die eingebaute Fluchtfunktion nichts genützt hat. Fernerhin müssen sich die Abenteurer im Turm des Kartenmachers arg vor der Falltür in Acht nehmen, denn darunter lauert der Tod. Aber der lauert hier ja überall. – Am Kopf der Holztreppe, die vom Hof in die erste Etage führt, scheint der Durchgang zugemauert zu sein; nichts, was Jack McHammer mit seinem Hammer nicht kaputtkriegen würde! Die Ziegelwand entpuppt sich als Wendeltreppe, und dahinter befindet sich das Schlafgemach. Jawohl, ein Schlafgemach mit richtigem Bett, denn der Vampirlord wohnt hier nicht allein, sondern er hat sich eine Gespielin erbissen. Diese hat sich linker Hand eine kleine Hexenküche eingerichtet, im Gelaß darüber eine Handbibliothek. Wir werden das Weib später noch zu Gesicht bekommen.
Und da, die getreppte Wendel herab, schleicht der dunkle Lord persönlich, das Schwert gezückt, als ob er das brauchen würde. Dem Dr. Rathbone kommt das ganz gelegen, hat er doch einst auf dem Paukboden seiner schlagenden Verbindung fleißig für solch eine Gelegenheit geübt. Schwert gegen Degen, naja, wie mag das Duell verlaufen. Zumal man einen Untoten bekanntermaßen nicht mit einer einfachen Klinge in die Verdammnis befördern kann. Über den Ausgang des Kampfes werden wir später mehr erfahren.