Figuren-Universalkasten 205 (92) bis Ende

24. Dezember 2011

Das Jahresprojekt „205“ nähert sich dem Ende; es kommt zur Entscheidung. (Im Hintergrund rührt ein gedungener Perkussionist gelangweilt die Trommel zum Wirbel.) 105 drollige Möglichkeiten wurden uns versprochen, und angesichts des Posters dachte ich: „Das sind doch bestimmt viel mehr!“ Klar, es sieht mehr aus, weil viele Baumöglichkeiten mehr als eine Figur einbeziehen. Sofern ich mich nicht verzählt habe, wurden 140 Figuren gebaut. Zu guter Letzt noch diese:

„Hoppe, hoppe, Reiter, wenn er fällt, dann schreit er, fällt er in den Graben, dann fressen ihn die Raben!“ Kinderreime legten offenbar nie viel Wert auf unverletzte Kinderseelen. Oder aber Kinderseelen sind viel strapazierfähiger, als die Löwenmütter unserer sicherheitsfana- tischen Gesellschaft annehmen.

Huchnein! eine Dame im Kleid. Mir ist so, als hätte es so etwas bereits zuvor als Bauvorschlag gegeben. Na, hilft ja nichts, jetzt müssen wir uns hier wieder viele Worte aus den Fingern saugen, um den Platz neben dem Bildchen zu füllen. Der rote Brustring gemahnt an den VfB Stuttgart, aber was sollte der mit Lego zu tun haben? Nichts, genau.

Vor uns sehen wir, wie die nette Kindertante versucht, einem kleinen Mädchen im Hochstühlchen leckeren gesunden Hustensaft zu verabreichen. Doch die Kleine ist bockig; wer mag es ihr verdenken. Im Stuhl fixiert zu sein und süßlich-ekligen, künstlich-rosanen Seim schlucken zu müssen – nä!

Der größte Mann der Welt, der dickste Mann der Welt und …ähm… noch einer. Oder eine. Vielleicht ist das ja auch die Frau mit dem Bart. Auf dem Ideenposter betrachten sie einen weiteren Artisten, ihnen zu Füßen Turnübungen machend.

Diesen beleibten Kirmesartisten nämlich. In seiner blauroten Streifigkeit wirkt er wie der ungleiche Zwillingsbruder des dicksten Mannes der Welt. Und er hat es mit seiner Vorführung immerhin auf den Karton des Sets geschafft, wenn auch nur auf die lange Unterseite.

Herr und Hund. Oder Hirte und Hammel. Zu diesem traulichen Paar müßten wir uns jetzt wieder irgend- etwas aus den Fingern saugen. Daß es sich um einen bulgarischen Dönerzulieferer handelt, zum Beispiel. In landesüblicher Volkstracht.

Tai-Chi. Ich weiß nichts darüber. Außer, daß Milliarden und Aber- milliarden Chinesen jeden Morgen im Park stehen und diese langsamen Kampf- bewegungen ausüben. Wie auch dieser junge Mann in roter Hose. Er tat dies jedoch am Nachmittag auf meinem Schreibtisch, nicht im Park. Und ob er Chinese ist, ist zweifelhaft.

Nackte Füße? Gelbe Gummistiefel? (Alliteration nicht intendiert.) Bademantel? Morgenrock? Nachthemd? Regencape? Sommerkleid? Mit Hose drunter? Herbst- kleid? Mit Hose drunter? Winterkleid? Mit Hose drunter? Frühlingskleid? Mit Hose drunter? Die Maid kratzt sich verwirrt am Kopfe. Weißer Gürtel. Aber kein Kampfsport. Ach, egal. Irgendson Mädchen halt wieder.

Und wo wir gerade dabei sind, geht es direkt mit einer Kleidträgerin weiter, stilvoll in weiß und schwarz gewandet. Für „Polka dots“ sind die schwarzen Punkte freilich zu groß, also sind es nur irgendwelche Flecken. Zum Glück hat das Gewürge nach beschreibenden Worten demnächst ein Ende, denn das ist nun schon die hundertste drollige Baumöglichkeit.

Darum schieben wir rasch noch ein Tanzpaar ein, ehe es zu spät ist. Das ist jetzt mindestens schon der letzte Tanz. Ein letztes mal ekstatisch dem Rhythums der Musik folgen, und dann, immer noch euphorisiert… Wie vermehren sich eigentlich Lego-Figuren? (Das Wort „Schwänzeltanz“ scheint vordergründig hier in den Zusammenhang zu passen, ist aber lediglich die Methode, mittels derer Bienen den Weg zur Futterquelle weisen.)

Die Marktfrau und der Marktmann stehen auf dem Ideenposter in einer engen Beziehung zueinander, müssen jedoch als zwei getrennte Drolligkeiten aufgefaßt werden, da sie dasselbe (d. h.: das identische) Kopfteil verbrauchen.

Ein … äh … Kajak. Nee, ein Kanu! Oder so. Jedenfalls ein Schirmmütze tragender Wassersportler. Wird Zeit, daß demnächst wieder Olympische Spiele stattfinden, um auch solche Randsportarten wieder auseinanderhalten zu lernen.

Mit dem spektakulären Stunt dieser zwei Akrobaten endet der Streifzug durch das Set 205. Nicht, weil wir 105 Möglichkeiten durchgebaut haben und einfach aufhören, sondern weil in der Tat das Poster „alle“ ist. Es waren wirklich 105 drollige Möglichkeiten. Ob in jedem Einzelfall unsere Zählweise der von Lego entspricht, muß dahingestellt bleiben. Jedenfalls haben wir nur solche Figuren zu einer Gruppe zusammengefaßt, die gleichzeitig mit den Mitteln des Sets baubar sind und die sinnvollerweise zueinander in irgendeiner Beziehung stehen. Also mag das schon hinhauen. So oder so ist es ein schönes Set, das viele Möglichkeiten bietet – auch mehr als 105.

Für nächstes Jahr suchen wir uns dann ein anderes Projekt, Ideen habe ich schon. (Was heißt hier „schon“? Das nächste Jahr ist ja nicht mehr fern.)

Frohe Weihnachten!


Gibt es nackte Lego-Figuren?

13. Dezember 2011

In der Rubrik „Leser fragen – Jojo antwortet“ wird heute auf die Suchanfrage eingegangen: „gibt es nackte lego figuren?“

Die eindeutige Antwort lautet: „Jein.“

Es gibt sie nicht, wenn man nämlich auf anatomisch korrekte primäre oder sekundäre Geschlechtsmerkmale wertlegt. Und es gibt sie nicht, wenn man Lego-Figuren in Hautfarbe bevorzugt, wie sie Lego in Lizenzserien wie „Star Wars“ oder „Harry Potter“ verwendet. Und überhaupt, es gibt sie nicht mehr.

Aber prinzipiell kann man natürlich mit Lego-Mitteln eine nackte gelbe Minifigur zusammenbauen:
Für diejenigen, die ganz genau hinsehen wollen, führt ein Klick aufs Bildchen zur Großversion. Aber ehrlich, da gibt es nichts Unanständiges zu sehen! Für Lego (die Firma) jedoch ist so ein Männeken wohl schon zuviel des Unanstän- digen. Wie uns aus einigermaßen vertrauens- würdiger Quelle (nicht zitierfähig, schlechter Journalismus) zugespielt wurde, wird es das Hüftstück der Minifigbeine nie wieder in der Farbe gelb geben, um eben keine unbekleideten Minifigunterkörper darstellen zu können. Als sie im Jahre 1982 die gelben Astronauten in den Orbit schossen, gaben sie sich noch nicht so etepetete. Was uns den rechtsseitig abgebil- deten kleinen Scherz ermöglichte. Schlecht be- lichtet, aber naheliegend. Jedenfalls, solchen Schweinkram will man bei Lego nicht sehen, und darum haben sie dort sicherheitshalber beschlossen, künftigen Generationen den Zugriff auf nackte Minifighüften mindestens zu erschweren. In Hautfarbe wird es sie gleich gar nie geben. Das ist mir persönlich freilich schnurz.

„Und Titten?“ höre ich fragen und schaue pikiert, weil hier solche Ausdrücke fallen. Nein, nackte weibliche Minifigbrüste gibt es nicht. Jedoch solche, die von Blumengebinden und goldenen Bikinis zart bedeckt werden, was ja viel erotischer ist als plumpe Nacktheit, für Lego jedoch akzeptabel. Es soll uns recht sein!


Wenn ich ein Vöglein wär‘

8. Dezember 2011

Und auch zwei Flügel hätt’,
Flög, mein Lego, ich zu dir!


Bird 1 a video by cjedwards47 on Flickr.

Über Flickr:
A bird that seemed to live in the Connecticut Convention Center kept returning to the PennLUG layout during LEGO Kidsfest Hartford 2011. I was recording video at the right time to capture something awesome…


1620 Chocomel-Fabrik

6. Dezember 2011

Seit ich ungefähr im Jahre 2001 die neben- stehende Figur aus einem Minifig-Wühlbeutel zog, zum Preis von sagenhaften De Em eins, war ich ja auf der Suche. Zunächst nach der Herkunft der mir unbekannten Figur. Als mögliche Quelle sprang mir erst das Set 1589 ins Auge, aber der dort enthaltene Anzugträger ist nicht identisch mit meiner Figur. Vielmehr stammt mein Männeken aus dem Set 1620, einem niederländischen Promoset für den Trink- schokoladenfabrikanten Chocomel, wie 1589 im Jahre 1978 aufgelegt. Wir erinnern uns, das war das Jahr, in dem die Minifig als solche überhaupt erst das Licht der Welt erblickte, und Lego baute seinen neuen kleinen Helden sogleich opulente Bühnen in Form grandioser Sets. Wie es so Legos Art ist, brachten sie die schönsten aber nur einem ausgewählten Publikum zur Kenntnis. Darum war ich seit der Identifikation der Figur dann auf der Suche nach dem kompletten Set, welches ob seines Alters, seines geringen Verbreitungsgebietes und seiner Funktion als Werbemittel als selten einzustufen ist. Man darf nicht hoffen, auf deutschen Flohmärkten darüber zu stolpern, und der Umstand, daß es Aufkleber enthält, macht die Sache nicht einfacher. Aber irgendwann bekommt man ja alles. (Wie ich an dieser Stelle mal verzweifelten Sammlern versichern will, sofern sie nicht ausgerechnet Objekte mit der Auflagenstärke 1 begehren.) Lego kommt ja freundlicherweise in Einzelteilen, also kann man sich so ein Set ja zur Not auch steinweise zusammenstückeln, wenn man denn die speziellen Teile in die Finger bekommt. Aber Gelegenheit macht Käufer, und so steht die Schokoladenfabrik nun auf meinem Schreibtisch:

Ein Kunstwerk! Mit den einfachen Mitteln, welche die Teilepalette 1978 hergab, wurde ein Modell kreiert, das gleichermaßen charmant, niedlich und treffend-charakteristisch für die Niederlande ist. Lego war damals noch optimistisch und gut. Nur zähneknirschend wurden Sets ins Sortiment genommen, die keine Bäume oder Blumen enthielten. Hier gibt es beides.

Der kleine Transporter hätte nicht viel länger sein dürfen, damit er noch in Parkposition auf die Breite des Bürgersteigs paßt. Und der Fabrikdirektor kommt zu Fuß, sein rotes Mäppchen in der Hand haltend.

Wie es sich gehört, bietet so ein Lego-Modell Einblick ins Innere. Hier ist das Interieur zwar spärlich, aber es ist vorhanden. Die Krantechnik ist ergreifend simpel: Eine durch zwei Schlitze im Mauerwerk geführte Schnur.

Verkauft wird exakt eine Dose Chocomel.

Schiefe Ebenen. Der Baum im Hintergrund ist schief gewachsen und sollte laut Bauanleitung eigentlich auf der Verkehrsinsel vorne links stehen, was jedoch phototechnisch ungünstig gewesen wäre. Das Stop-Schild hat wohl mal Kontakt mit dem Kühlergrill eines Automobils geknüpft, ist jedenfalls nun auch schief. Daß die Laterne neben der Sitzbank schief ist, kann nur mit der Nachlässigkeit des aufbauenden ..äh.. Kindes erklärt werden.

Die neugeborenen Minifigs durften natürlich noch nicht Auto fahren. Darum ließen die ersten Autochens der Minifigära zunächst niemanden einsteigen.

Der Blumenstand ist sicherlich das bezauberndste Detail an diesem Modell. Die Tulpen aus Amsterdam helfen dem Direktor dabei, seine Gattin zu besänftigen, wenn er den Hochzeitstag mal wieder in der Firma verbringen mußte.

Fälschungen dieses Sets erkennt man übrigens daran, daß der „Chocomel“-Schriftzug nicht in blau-gelb ausgeführt ist, sondern in schwarz-weiß, wie es zwar die Bauanleitung zeigt, wie es der originale Aufkleberbogen jedoch nicht hergibt.


In 19 Schritten kann Charlie hier zu seiner Schokoladenfabrik kommen. Die Bauanweisungen sind knapp gehalten, manches muß man erahnen. Uns, die wir noch mit solchen Bauanleitungen aufgewachsen sind, hat das sicherlich nicht geschadet. Heutzutage wäre die BA ein 50 Seiten starkes Buch.


In einem Wort: Lekker! Der Kakao übrigens auch. Anläßlich dieser Set- besprechung kaufte ich erstmals eine Packung Chocomel, und sie wird ihrer großspurigen Selbstbetitelung „Leckerste Schokoladenmilch“ durchaus gerecht.