Man kann ja nicht immer nur Lego sammeln. Bisweilen sammle ich auch Carcassonne- … Verzeihung: Каркассон-Erweiterungen.
Mit diesem schmucken Stoffbeutel kommt die russische Mini-Erweiterung Мы идем в Каркассон einher, zu Deutsch: „Wir gehen nach Carcassonne“. Die beiden Landschaftskärtchen stammen aus dem Jahre 2012 und vom russischen Lizenznehmer Hobby World, und es erhielten sie Teilnehmer des russischen Carcassonne-Kongresses, nach meiner Kenntnis auch in den Folgejahren. Übrigens nicht als kostenloses Goodie, sondern zum stolzen Preis von 350 Russischen Rubeln (was ungefähr 4,50 Euro entspricht).
Die Rückseite des Stoffbeutels ist als Zählbrett ausgeführt.
Die Hütte auf Hühnerfüßen. Der durchschnittlich gebildete Mitteleuropäer kennt dieses Motiv aus dem Musikunterricht, wo Modest Mussorgskis Klavierstück „Bilder einer Ausstellung“ als Musterbeispiel für Programm-Musik behandelt wurde, oft auch in der opulenteren Orchesterbearbeitung durch Maurice Ravel. Das vorletzte, neunte Bild dieser Ausstellung zeigt musikalisch die Hütte der Hexe Baba-Jaga, einem Waldweib in der russischen Volkssage, das Wanderern auflauert und diese auffrißt.
Die Hexe Baba-Jaga ist eine russische Ikone. Nein, eine Institution, denn eine Ikone ist dann doch etwas anderes. Aber jedenfalls dachte sich der dortige Verleger mit einigem Recht (Ich paraphrasiere): Wenn die Deutschen ständig ihre heimischen Burgen, Klöster und demnächst Kathedralen nach Südfrankreich ins Languedoc transferieren, dann spricht nichts dagegen, wenn wir das hier auch mit russischem Kulturgut tun. Recht so!
Die Spielmechanik dieser Hütte auf Hühnerbeinen ist ans Kloster angelehnt. Da jedoch so eine menschenfressende Waldhexe ein eher negativ konnotierter Charakter ist, wurde das Klosterprinzip ins Gegenteil verkehrt: Es zählen neben der Karte selbst nicht die angrenzenden Karten, sondern die Lücken, die freibleiben. Auf diese Weise sind bis zu 8 Punkte möglich. Freilich opfert man bis zum Spielende einen Gefolgsmann, sofern nicht vorher alle Plätze um die Hüttenkarte belegt werden, was dann aber ja die Punkte kosten würde.
Da ich leider eben nur durchschnittlich gebildet bin, sagte mir die zweite Karte dieser Erweiterung nichts. Dargestellt ist ein Bogatyr, ein Heldenritter des russischen Mittelalters. Warum er sich auf der Karte verlegen am Kopfe kratzt, weiß ich nicht. Vielleicht, weil der vierte Weg an dieser Kreuzung durch einen Stein versperrt ist, den möglicherweise das Teufelchen und das Kätzchen, die hinter dem Steine herfürlugen, dort hinpraktiziert haben. Die Inschrift auf dem Stein könnte ich nicht lesen, selbst wenn sie entzifferbar wäre, da sie selbstverständlich auf Russisch und in kyrillischen Lettern verfaßt ist.
Für dieses Landschaftskärtchen ist keine gesonderte Regel überliefert. Denkbarerweise verbindet der untere Dreiweg drei Wegenden zu einem einzigen Weg, während der Weg hinter dem Stein an diesem endet.
Diese beiden Каркассон-Kärtchen lassen sich prinzipiell in ein Carcassonne-Spiel einbinden, jedoch ist es ratsam, dann verdeckt zu ziehen. Denn die Rückseite dieser russischen Kärtchen ist nicht mit dem klassischen Carcassonne-C verziert, sondern mit einem Каркассон-К. Außerdem sind die Ecken dieser Kärtchen abgerundeter. Da aber ja praktischerweise der Beutel fürs verdeckte Ziehen mitgeliefert wurde, steht einer Integration dieser Erweiterung in die Welt von Carcassonne nichts entgegen.