Ressourcenverschwendung.

24. Februar 2017

Lego ist ja eine Firma. Ab und an muß man sich das wieder ins Gedächtnis rufen, weil man als Fan und Sammler vielleicht das Gefühl dafür verliert, daß Lego eben kein treuer Freund seit Kindheit an ist. Nein, Lego will verdienen, auch an mir, und das sollen sie ja auch. Um ordentlich Rendite zu erwirtschaften, hält Lego seine Kosten möglichst gering, zum Beispiel, indem Produktionsabläufe nach China verlagert werden, offenbar unter Inkaufnahme von unausweichlichen Plagiaten; aber darum soll es hier gar nicht gehen. Denn die wichtigere Stellschraube an der Geldpresse ist vermutlich: Der Kunde! Der Kunde soll möglichst viel Lego kaufen, und zwar zu möglichst hohen Preisen. Lego testet die Belastbarkeit des Gewindes an dieser Stellschraube seit Jahren beharrlich aus, indem die Schraube kontinuierlich angezogen wird. Die hochpreisigen Sets werden immer größer und dementsprechend immer hochpreisiger. Wenn ich mich nicht irre, ist das teuerste aktuell erhältliche Set der Todesstern 75159 für 500 Euro. Fünfhundert Euro! Das sind gut und gerne 1000 D-Mark. Tausend. So einen Preis aufzurufen, hätte sich Lego früher™ nicht getraut. Aber da sie ja die Preisschraube peu à peu angezogen haben, kamen sie zu der Erkenntnis: Der Kunde kauft.

Aber nun gut, die teuren Sets kaufen vielleicht nur Menschen, die es sich leisten können. (Klammer auf: Guter Witz. Als ob der Wohlstandsbürger an und für sich am Ende des Kontostandes auch seine Begehrlichkeiten runterregulieren würde. Gibt doch Ratenzahlung! Ich bin gespannt, wann Lego dergleichen auch anbietet. Klammer zu.) Fieser sind die kleinpreisigen Dinge, mit denen Lego ans Taschengeld der Kernkundschaft will, mithin ans Geld der Kinder. Seit einigen Jahren gibt es im Programm regelmäßig Serien, die aufs Sammeln von gewissen Gegenständen ausgelegt sind, seien es Schwerter in gewissen Farben bei Ninjago, oder seien es verschiedenfarbige Mondsteine bei den Monsterjägern oder Schlüssel in der Elfen-Welt und was dergleichen Dinge mehr sind. Die begehrlichsten Stücke befinden sich natürlich im jeweils größten und teuersten Set der Serie. Doch das genügt Lego nicht. Da muß doch noch mehr Geld zu holen sein! Ist es auch. Sammelkartenspiele sind das Geheimnis der Kinderschröpfung, der Nachfolger der Panini-Sammelbildchen. Für kleines Geld pro Einheit kaufen die lieben Kleinen ganz viele Einheiten, und so wird aus kleinem Geld großes Geld. Auf diese Idee ist Lego natürlich nicht selbst gekommen, sondern das Konzept existiert seit Beginn der 1990er Jahre mit „Magic: The Gathering“, und bekannt sind vor allem „Pokemon“ und „Yu-Gi-Oh“, aber auch jegliches andere Franchise braucht heutzutage solche Sammelkartenspiele. Lego hat derzeit mindestens Ninjago-Sammelkarten und Nexo-Knights-Sammelkarten im Umlauf. Das Problem für Lego ist freilich, daß dieser Krempel in Zusammenarbeit mit Fremdfirmen hergestellt und vertrieben wird, also der Gewinn geteilt werden muß. Aber zum Glück für Lego stellt man ja selbst Dinge her, die klein und sammelfähig sind, zum Beispiel Sammelminifiguren.

Seit dem Jahr 2010 bringt Lego also Sammelminifiguren heraus, anfangs zum kleinen Preis von – laß mich nicht lügen – ich glaube 2 Euro pro Tütchen. Inzwischen kosten sie 4 Euro pro Tütchen. Und es gibt auch nicht mehr bloß zwei Serien pro Jahr, sondern mindestens drei, und wenn es Figuren mit Lizenz sind, auch gerne mal 18 oder 20 verschiedene pro Serie, statt, wie sonst üblich, 16. Da man von außen nicht ins Tütchen hineingucken kann, soll man sie eigentlich blind kaufen. Das hätte für Lego den Vorteil, daß der Sammler im Zweifelsfall sehr viel mehr als 16 oder 20 Tütchen kaufen muß, um tatsächlich jede Figur mindestens einmal zu ergattern, weil bei Blindkäufen natürlich viele Doppel- und Mehrfachkäufe dabeisind. Zu Legos Pech sind wir aber nicht doof, sondern können mit ein bißchen Fingerfertigkeit den Inhalt der Tütchen ertasten. In your Face, Lego!

Eigentlich könnte es Lego ja gleichgültig sein, ob eine einzelne Person bloß die erforderlichen 16 (oder 20) Tütchen kauft, oder ob sie etliche ungewollte Doubletten anhäuft, denn am Ende sind diese Tütchen eh immer ausverkauft, Lego hat sein Geld also bekommen. Aber Lego ist das nicht egal. Lego legt es darauf an, den Kunden in die Frustration zu treiben. Im Online-Shop darf man nämlich nur 16 (oder 20) Tütchen kaufen, hat also nur eine sehr geringe Chance, auf einen Schlag alle 16 (oder *gähn* 20) verschiedene Figuren zu erhaschen. Wo liegt denn da der Sinn?

Und dieses Jahr hat Lego dann noch ein Schüppchen draufgelegt. Es gibt nämlich Nexo-Power-Schilde im Sammeltütchen.

Diese Schilde kann man selbstverständlich nicht durch die Tüte erkennen, da sie sich ja nur im Aufdruck unterscheiden. Jackpot! „Can you collect them all?“ fragt Lego noch harmlos, und die Antwort lautet: „Klar, ist nur eine Frage des Geldes.“ Für 4 Euro pro Tütchen bekommt man immerhin zehn Lego-Teile, darunter fünf Schildaufsätze in garantiert fünf verschiedenen Farben. Idealerweise kauft man also sieben solcher Tütchen und hat dann alle 35 verschiedenen Motive. Die Wahrscheinlichkeit, daß das eintrifft, dürfte freilich gen Null tendieren. Ich selbst war blöd genug, zwölf solcher Tütchen zu kaufen, und am Ende fehlten noch fünf Motive, die ich dann via Bricklink beschaffte. Was ich vielleicht gleich hätte tun sollen, woll?
Da es Lego ja darauf ankommt, den Kunden möglichst zu frustrieren, sind überdies fünf dieser Schilde nicht einmal exklusiv in den Sammeltütchen enthalten, sondern kommen auch in anderen Sets der Serie vor, sind also im Prinzip Nieten.
Diese Schilde habe ich jetzt also doppelt (oder dreifach). Für einige hätte ich sicher auch anderweitig Verwendung, für andere hingegen nicht.

Und hier kommt jetzt langsam der Beitragstitel ins Spiel. Denn für das verschwendete Geld hätte ich ja auch Dinge kaufen können, die ich nötiger ..äh.. brauche. Also andere Lego-Sets zum Beispiel. Ist ja nicht so, als wollte ich der Firma meine Kaufkraft vorenthalten, keineswegs. Es wäre bloß sinnvoller, diese Kaufkraft auf Gewünschtes fokussieren zu können, statt sie auf Unnötiges – es gibt kein anderes Wort dafür – zu verschwenden. Dabei sind solche „erzwungenenen“ Mehrfachkäufe noch nicht mal das Schlimmste, denn immerhin bekomme ich für das Geld noch Lego. Viel Schlimmer ist es, wenn Lego die Sammler zwingt, sich die Objekte irgendwo in Übersee zu beschaffen, weil sie auf dem heimischen Markt gar nicht angeboten werden. Und jaja, ihr Klugscheißer, niemand zwingt mich, das zu tun. Ich muß kein Lego kaufen, und ich muß auch nicht alles haben. Aber ich bzw. der Sammler will halt, und Lego weiß das natürlich auch und legt es darauf an. Sinnvoll ist das nicht. Denn wenn ich beispielsweise für ein schlichtes Polybag im 5-Dollar-Bereich erstens einen „Sammlerpreis“ von 30 Dollar zahlen muß, dazu Porto aus den USA, gegebenenfalls Zoll und Einfuhrumsatzsteuer, welche das teure Porto ebenfalls umfaßt, dann habe ich statt dieser 5 Dollar, die es mich bei normaler Erhältlichkeit gekostet hätte, eben 40 oder mehr Euro bezahlt. Und das sind 35 oder mehr Euro, die ich eben nicht in Produkte der Firma Lego investieren konnte, von denen die Firma also keinen Cent sieht. Das kann doch nicht in Legos Sinne sein?