Nachdem Pink Floyd ihr Monumentalwerk „The Wall“ (1979) in den Jahren 1980 und 1981 mit einer monumentalen Bühnenshow im Rahmen einer kaum monumental zu nennenden Tour, welche nur die Weltstädte Los Angeles, New York, London und Dortmund berührte, zur Aufführung gebracht hatten, war das Bandgefüge endgültig zerrüttet. Richard Wright war nach den Studioaufnahmen zu „The Wall“ eigentlich eh schon gefeuert worden, durfte dann aber als bezahlter Session-Musiker die Tour begleiten, um für das Publikum die Illusion aufrecht zu erhalten, Pink Floyd, augenscheinlich auf dem Höhepunkt ihres kreativen Schaffens, seien noch Pink Floyd. Rick bekam also Geld für seine Auftritte, die restlichen Mitglieder zahlten drauf, weil das ganze Brimborium mit live auf der Bühne gebauter Mauer durch Herstellung, Transport und Aufbau während der Show in einer mietpreisintensiven Halle, die dafür ausreichend Platz bot, mehr kostete, als es einbrachte. Tja. Wright war nach der Tour jedenfalls raus, und es mußte schnell Geld her, weshalb 1981 rasch das Kompilationsalbum „A Collection of Great Dance Songs“ veröffentlich wurde, welches ich nicht besitze, wie ich söben feststelle. Soëben. Schad’t nix, denn enthalten sind eben nur alternative Mixe von „Shine on You Crazy Diamond“ und „Another Brick In The Wall (Part 2)“, außerdem „One Of These Days“, „Sheep“ und „Wish You Were Here“, sowie eine Neueinspielung von „Money“, die David Gilmour ohne Zutun seiner Bandkollegen vornahm. Das amerikanische Label Columbia Records erhielt nämlich von Capitol Records, die ursprünglich „DSOTM“ in den USA veröffentlicht hatten, keine Lizenz für die Verwendung dieses Songs. Nunja.
Im Jahre 1982 kam überdies die Filmadaption von „The Wall“, mit Bob Geldof in der Hauptrolle und Animationen von Gerald Scarfe, in die Kinos. Zusätzlich zu den Songs des Albums ist im Film auch das Lied „When the Tigers Broke Free“ enthalten.
The Final Cut
Pink Floyd waren nun also nur noch zu dritt. Das 1983er Album „The Final Cut“ trägt jedoch den Untertitel „A requiem for the post war dream by Roger Waters. Performed by Pink Floyd“. Ohne Rick Wright. Und das merkt man. War sein Keyboardspiel bisher integraler Bestandteil des Pink-Floyd-Sounds gewesen, so fehlt dies hier, was dem Album einen gänzlich ungewohnten Charakter verleiht. Zumal ja auch die Beiträge von David Gilmour und Nick Mason sich aufs Abspielen von Roger Waters‘ Kompositionen beschränken.
(In der LP-Version ist der Titel als Aufkleber auf dem Cover ausgeführt.)
Thematisch verarbeitet Roger Waters mit dem Album sein Trauma des im Krieg gebliebenen Vaters, nimmt also diesen Aspekt aus „The Wall“ wieder auf, zum Teil wurde Material verarbeitet, welches auf dem Vorgängeralbum keine Verwendung gefunden hatte. Der kriegskritische Tenor („Ténor“), sich ursprünglich aus der Thematisierung des Zweiten Weltkriegs speisend, war 1983 hochaktuell, denn just 1982 kämpfte Großbritannien mit Argentinien um die Falkland-Inseln und obsiegte. Dies wird, neben dem Afghanistan-Krieg und dem Nahost-Konflikt, in dem Sechszeiler „Get your filthy hands off my desert“ angesprochen. Angespielt werden soll hier jedoch das Titelstück „The Final Cut“, welches klingt, als könne es noch von „The Wall“ stammen:
Mein CD-Exemplar ist die „Digital Remasters“-Version von 1994. Auf neueren Veröffentlichungen des Albums ist zusätzlich „When the Tigers Broke Free“ enthalten, wodurch die Stellung von „The Final Cut“ als Continuatio von „The Wall“ augenfällig wird. Gleichzeitig ist das Album aber schon durch den Untertitel als De-facto-Soloprojekt von Roger Waters gekennzeichnet, und 1985 erfolgte schließlich der finale Schnitt durchs Tischtuch – Roger Waters verließ Pink Floyd. Es wurde schmutzig. Es sprachen lediglich noch die Anwälte von Waters und Gilmour miteinander. Waters versuchte, „Pink Floyd“ durch seinen Bandaustritt für offiziell und endgültig aufgelöst zu erklären, der Bandname sollte fürderhin nicht genutzt werden dürfen. Gilmour hatte diesem Ansinnen gänzlich widersprechende Ambitionen und bekam vor Gericht Recht. Seitdem zürnt Roger Waters. Seit 36 Jahren. Das ist fast dreimal länger, als es die Band überhaupt in ihrer klassischen Besetzung gegeben hat.
Works
Noch 1983 erschien ein weiteres Sammelalbum, „Works“, und zwar bei Capitol Records. Diese Plattenfirma wollte offensichtlich sowohl mit dem gegenwärtigen Pink-Floyd-Album „The Final Cut“ konkurrieren, als auch die Sammlung großartiger Tanzlieder (s.o.) kontern, die beide bei Floyds neuem US-Label Columbia Records erschienen waren. Die „Works“-CD hatte ich bei meinen Streifzügen durch die CD-Abteilungen von Karstadt und Saturn Ende der 1990er Jahre durchaus im Pink-Floyd-Fach stehen sehen, aber auch stets dort stehen gelassen, denn was interessierte mich eine Zusammenstellung von Songs, die ich ohnehin schon alle auf den zugehörigen Alben hatte? Gar nicht interessierte mich sowas. Einzig das Lied „Embryo“ kannte ich nicht, aber das dünkte mich nicht wert, eigens dafür diese CD zu erwerben.
Ich erwarb sie erst kürzlich, und natürlich nur wegen „Embryo“. Dieses Lied lernte ich erst durch Youtube kennen, wo ich mir Live-Darbietungen von Pink Floyd anschaute und -hörte. Dort tauchten eben auch Live-Versionen von „Embryo“ auf, offenbar aus den frühen 70er Jahren, aber eine Album-Version war mir nicht bekannt. Bis ich mich dieser „Works“-CD entsann, die ich immer verschmäht hatte. Also kaufte ich sie doch, und ich war enttäuscht. Denn die 4-Minuten-40-Studio-Version kommt bei weitem nicht an die 10-Minuten-Live-Jams heran, die bei Youtube kursieren:
Offenbar war dieser Song schon seit 1968 ein Dauerbrenner im Live-Set Pink Floyds gewesen, doch penetrant ließ man jegliche Gelegenheit verstreichen, ihn in irgendeiner Form auf einen Tonträger zu bannen. (Das stimmt nur bedingt. Harvest Records veröffentlichte „Embryo“ in der „Works“-Studioversion bereits 1970 auf dem Multi-Artist-Sampler „Picnic – A Breath of Fresh Air“, neben Songs von Deep Purple, Barclay James Harvest, Roy Harper und anderen.) Jedenfalls wäre die Live-Scheibe von „Ummagumma“ so eine Gelegenheit gewesen. Oder die „Relics“-Kompilation. Auch in Pompeji hätten sie’s spielen können. Aber nein. Offizielle Live-LPs waren bis hierhin, 1983, sowieso nicht Pink Floyds Sache gewesen. Außer der schon erwähnten Live-Scheibe von „Ummagumma“ gab die Diskographie nichts her. Den Pompeji-Film mußte man seinerzeit im Kino gesehen haben, ehe man ihn irgendwann physisch als DVD seiner Sammlung hinzufügen konnte, als Schallplatte wurde das ..naja.. „Konzert“ nicht veröffentlicht; und selbst „The Wall Live“ erschien erst im Jahre 2000 zum zwanzigjährigen Tour-Jubiläum. Was jedoch kursierte, waren Bootlegs. Und derer viele, wie die Fülle an Konzertmitschnitten auf Youtube zeigt. Um also die haptische Repräsentation einer Live-Darbietung von „Embryo“ in Händen halten zu können, mußte ich zu drastischen Mitteln greifen. Kunstpause, Spannungsaufbau. Ich kaufte eine Bootleg-CD.
Es ist eine Papphülle mit Papier-Inlay. Zwar steht Toshiba-EMI Limited drauf, inklusive EMI-Logo, doch bei Discogs ist der Handel dieser CD unterbunden, so verboten ist das! Enthalten ist ein Live-Mitschnitt von 1970, zu hören bekommt man „Green Is The Colour“, Careful With That Axe, Eugene“, „If“ und „Atom Heart Mother“, mit Bläser- und Chorbegleitung. Und eben „Embryo“:
Und weil ich grad dabei war, ersteigerte ich gleich noch eine Single-Zusammenstellung, weil ich ja noch nicht genügend Compilations mit ohnehin in meiner Sammlung befindlichen PF-Songs hatte. Auf der CD „The Pink Floyd – The Early Singles“ sind aber tatsächlich all jene Singles und B-Seiten enthalten, die auf den bisherigen Kompilationen so sträflich unbeachtet geblieben waren. Namentlich „Candy and a Current Bun“, „Apples and Oranges“, „It Would Be So Nice“ und „Point Me At The Sky“ sind hier erstmals auf CD erhältlich.
Ursprünglich war diese CD Teil des Box-Sets „Shine On“ von 1992, welches einige, aber nicht alle! Pink-Floyd-Alben bis zu diesem Zeitpunkt umfaßte. Wer sich sowas wieder ausgedacht hat! Die obige Single-Zusammenstellung ist quasi ein Extra-Gimmick in diesem Box-Set, und da ich sie einzeln kaufte, fehlt sie jetzt irgendjemandem. Einerlei. „Point Me At The Sky“ ist so early, daß es sogar noch nach den Beatles klingt:
Damit wollen wir es für heute bewenden lassen.