En garde!

25. März 2011

Seit kürzestem (nämlich gestern, nach meiner Beobachtung) sind die Sammelminifiguren der vierten Serie erhältlich, nun in einem orangenen Karton mit der Nummer 8804. Es sind wieder zahlreiche tolle Figuren darunter, etwa ein Gartenzwerg, eine Geisha, ein Punkrocker mit E-Gitarre und ein Wikinger. Aber mein persönliches Highlight ist natürlich der Musketier. Oder „das Muskeltier“, wie ich diese Spezies in frühester Jugend nannte.

Um im Mantel-und-Degen-Geschäft erfolgreich fußzufassen, fehlt dieser Figur leider der Mantel. Doch von dieser Petitesse abgesehen weiß der Musketier rundum zu gefallen. Das beginnt schon bei der Farbgebung, denn schwarz-weiß-blau mochte ich seit jeher, ohne Este oder Anhänger von Arminia Bielefeld zu sein. Die Lilie (Fleur-de-Lis, ⚜) auf dem Brustumhang ordnet den Musketier historisch in den Kontext der französischen Gardesoldaten ein, was natürlich voll dem Klischee entspricht. Ebenso diesem Klischee entspricht die Bewaffnung, nämlich entgegen dem Namen keine Muskete, sondern ein Degen. Dieser Degen ist natürlich ein neues Lego-Element, und ich hätte es mir zwanzig Jahre früher gewünscht. Dann hätten nämlich viele meiner guten Ritterschwerter überlebt, aus denen ich mir selbst Degen schnitzen mußte.

Der Degen ist schön, doch noch mehr begeistert mich der barocke Rubens-Hut mit seiner hochgeklappten Krempe. Auch diesen hätte ich bereits sehr viel früher gebrauchen können, dann hätte ich mir meine Papierbasteleien sparen können. Hätte, hätte, Fahrradkette; jetzt gibt es ihn ja. Ich habe ihn gleich mal sachgerecht verwendet, um diverse Gestalten des Dreißigjährigen Krieges einzukleiden.

Albrecht von Wallenstein, 1583 bis 1634. Er war nicht nur der bedeutendste Feldherr auf Seiten des Kaisers und Oberbefehlshaber von dessen Truppen, sondern er kämpfte auch als Warlord auf eigene Rechnung. Selbstherrlichkeit und eigenmächtige Entscheidungen erwarben ihm die Mißgunst des Kaisers, was zu seiner zwischenzeitlichen Entlassung führte, ehe er später zwecks Abwehr der schwedischen Streitmacht erneut Generalissimus wurde, um schließlich wegen unautorisierter Friedensverhandlungen des Hoch- verrats angeklagt und ermordet zu werden.

Der Brabanter Johann t’Serclaes Tilly (1559 bis 1632) war ein weiterer bedeutender Feldherr im Dreißigjährigen Krieg und Heerführer der Katholischen Liga. Im Gegensatz zu seinem Kollegen Wallenstein war nicht die persönliche Bereicherung sein Ziel, sondern er war seinem Kaiser treu ergeben. Den Tod fand er auf dem Schlachtfeld, beziehungsweise im Lazarett infolge einer schweren Verwundung, die einen Wundstarrkrampf nach sich zog. Ein Blick in den Impfpaß hätte gezeigt, daß mal wieder eine Tetanusspritze fällig gewesen wäre. Tja.

König Gustav II. Adolf von Schweden (geb. 1594) erlangte in jenem Krieg besonderen Ruhm. Als Retter der Protestanten eilte er ab 1630 in Deutschland von Sieg zu Sieg, die Katholiken befürchteten schon das Schlimmste, und der Kaiser setzte schleunigst Wallenstein wieder in Amt und Würden (s.o.). Diesem gelang es in der Tat, den Siegeszug der Schweden und ihrer protestantischen Verbündeten aufzuhalten. In der Schlacht bei Lützen im November 1632 wurde Gustav Adolf von einer Kugel niedergestreckt und blieb auf dem Feld der Ehre. Sein Heer gewann die Schlacht, doch er verlor das Leben. Damit dürfte er der letzte Regent Europas gewesen sein, der an der Spitze seiner Truppen als Soldat fiel. Der doofe Kaiser ließ sich ja auf den Schlachtfeldern seines Reiches nicht blicken.

Wie wir sehen, waren 1634 bereits alle bedeutenden Kriegsherren tot. Da fragt man sich, wie dieser Krieg noch bis 1648 dauern konnte…


Carcassonne Jubiläumsedition & „Die Fest“.

23. März 2011


Das Spiel „Carcassonne“ kam zwar im Jahre 2000 auf den Markt, doch pünktlich zum Beginn des neuen Jahrzehnts, Jahrhunderts, Jahr- tausends gar wurde es mit dem Titel „Spiel des Jahres“ ausgezeichnet. Im Jahre 2001 also. Dieses Ereignis jährt sich nun zum zehnten Male, was für den Hans-im-Glück-Verlag Grund genug ist, eine Jubiläums- edition zwischen die Fans des Spiels zu schmeißen.

Diese benötigen ja eigentlich keine neue Ausgabe des Grundspiels, derer sie ja schon mit dem „Schicksalsrad“ eine zweite (wenn auch modifizierte) hinzubekamen, und derer sie eine weitere kaufen mußten, so sie der Mini-Erweiterung „Die Kornkreise“ teilhaftig werden wollten. Und Sammler sind so doof, die kaufen das dann auch wirklich. Ich muß es wissen.

Um die Sammler zu überzeugen, ersann der Verlag daher für die Jubiläumsedition nicht nur eine neue Form der Verpackung, sondern fügte die Mini-Erweiterung „Das Fest“ hinzu. Außerdem sind die Gefolgsleute aus einem anderen Holz geschnitzt, nämlich aus Acryl. Oder sowas in der Art, siehe oben.


Hat man darauf gewartet? Naja. Die extravagante Form der Verpak- kung als Gefolgsmann („Meeple“) hat natürlich Auswirkungen auf den Inhalt, der dieser Form angepaßt werden muß:


Das Spielanleitungsheftchen wurde auf Kompaktformat zurückgestutzt, was kein Nachteil ist.


Und die Wertungstafel mußte ebenfalls in Meeple-Form gebracht werden, was eventuell ein Nachteil ist. Denn die Laufrichtung der Wertungsmänneken ändert sich in den unteren Extremitäten mehrfach, was zu Verwirrnis führen mag. Oder auch nicht.


Unter der Wertungstafel sind fein säuberlich die Gefolgsleute in kleinen Kästchen untergebracht, mittig ist Platz für die Landschaftskärtchen. Diese bieten keine Überraschungen, da es sich eben schlicht um die Karten des Grundspiels handelt, wenn auch teilweise mit veränderter Ausrichtung des „C“ auf der Rückseite. Das ist wohl der Pedanterie geschuldet, auf dem Stanzbogen keine Wege gegen Stadtmauern und in Wiesen führen zu lassen.

Das hat freilich nicht ganz geklappt, und auf den Stanzbögen für die zehn Jubiläumssonderkarten wurde diese Pedanterie gleich gar nicht durchgehalten. (Bilder = Links)


Wie man sieht, bieten auch diese Karten wenig Neues. Einzig das Kloster in der Wegbiegung ist eine Konstellation, die es zuvor nicht gab. Die Regeln für diese Mini-Erweiterung sind ebenfalls schlicht: Wer eine Karte mit dem „10“-Symbol zieht, legt sie nach den gewohnten Regeln an, darf sich dann aber entscheiden, ob er einen Gefolgsmann daraufsetzen, oder ob er lieber einen seiner Gefolgsleute von einem unvollendeten Gebiet zurück auf die Hand nehmen möchte. Oder ob gar nichts.

Das ist zwar eine sinnvolle Ergänzung, die sich mit ihren klassisch gehaltenen Karten schön ins Spiel einfügt, doch der Jubiläums-charakter dieses Festes wird daran kaum deutlich. Nämlich gar nicht.

Im Regelheft sieht das übrigens so aus:

Leute, es hätte nicht schaden können, vor der Drucklegung noch mal einen Blick drüberzuwerfen!

Fazit: Für den, der alles hat, ist diese Jubiläumsedition eigentlich verzichtbar. Es sei denn, er hat Spaß an ulkigen Gimmicks wie sonderbar geformten Kartons und Wertungstafeln, oder er mochte die altmodisch hölzernen Gefolgsleute sowieso nie. Aber durchsichtige Plastik-Männeken gibt es auch einzeln im Rahmen der ebenfalls neuen Mini-Erweiterung „Das Gefolge“. Die Jubiläumssonderkarten sind einzeln natürlich nicht zu bekommen. Das wäre ja noch schöner.

19. April 2015
Ziemlich nachträglicher Nachtrag: Doch, sind sie.


Danke, Tüte brauche ich nicht.

11. März 2011

… behaupte ich zumeist, wenn mir an der Ladenkasse eine solche angeboten wird. Wenn.

Die Firma Lego hatte eine Zeitlang die Angewohnheit, mit kleinen Würfelpackungen auf unterstem Taschengeldniveau den Quängel- sektor im Kassenbereich zu bedienen. Solche Kleinsets gab es in verschiedenen Themengebieten und waren in der Regel weder im Katalog verzeichnet, noch überall und über einen längeren Zeitraum erhältlich. Darum bemerkte ich trotz häufigen Besuchs meines örtlichen Wertkaufs* mit Spielwarenabteilung von den meisten dieser Sets leider überhaupt nichts, sondern ich fiel erst im Jahre 2000 aus allen Wolken, als ich zum ersten Male die Setdatenbank BrickSet durch- forstete und allerhand mir unbekannte Sets entdecken mußte.
*) Später Wal-Mart, noch später Real.

Erstaunlicherweise gab es da viele baugleiche Kleinmodelle unter ver- schiedenen Nummern, was augenscheinlich Blödsinn war, etwa so:

und ,

und ,

und ,

und .

Das erste Paar stellt insofern eine Besonderheit dar, als die Titelbilder nicht identisch sind. Später kam man bei Lego dann selbst auf den Trichter, sich einen Druckvorgang zu sparen, und versah die Bauan- leitungen in guter 375/6075-Tradition mit zwei Nummern:

und .

Aber wozu das ganze?

Nun, der Quängelsektor wird in den Vereinigten Staaten traditionell mit kleinen Tütchensets bedient (Polybags), während in Europa die oben erwähnten Würfelpackungen en vogue waren. Dies erforderte in Legos Sethaushaltung getrennte Vorgänge und führt zu diesen hübschen Paarungen:

Warum mal das Tütchenset die niedrigere Nummer hat und mal das Kartonset, ist nicht nachvollziehbar. Die räumliche Trennung der Nummern von Tüten und Kartons erklärt sich dadurch, daß jeweils mehrere Tüten und Kartons eine fortlaufende Serie mit Modellen aus verschiedenen Themengebieten bildeten, von denen ich aber jeweils nur die Rittersets besitze. Aber als Sammler nahm ich in diesem Fall dann doch auch gerne eine Tüte, vielen Dank.

Nachtrag am 15. März 2011:

Und da habe ich doch noch ein nicht-ritterliches Pärchen gefunden:


Figuren-Universalkasten 205 (48) bis (58)

10. März 2011

Als die Setentwickler über die Zusammenstellung dieses Figuren-Universalkastens berieten und entschieden, nur eine 1×8-Platte hinzuzufügen, waren sie sich wohl selbst noch nicht ganz im Klaren darüber, welche Figuren sie aufs „Idee-Blatt“ hieven würden. Aber ist ja kein Beinbruch, es geht auch einhändig.

Natürlich! Der Kugelkopfzylin- der ist ein Unikum, das ausschließlich in diesem Set enthalten ist. Da darf ein Zauberer mit reizender Assistentin nicht fehlen. Was freilich fehlt, ist das im Zylinder wohnende Kaninchen. Wurde wohl zwischenzeitlich an den Strauß Papiervenusfliegenfallen verfüttert.

Mit blumengießenden Ommas ist nicht gut Kirschen essen. Es darf natürlich nicht zu wenig Wasser sein, aber auch keineswegs zuviel, die richtige Tageszeit für den Gießvorgang will beachtet werden, und überhaupt ist äußerste Sorgfalt gefragt. Denn wenn etwa etwas Wasser heruntertropft, auf die Terrasse der darunterwohnenden Dame, dann ist aber was los. Oder gar Blütenblätter! Immer muß ich Ihre Blütenblätter auffegen! Und Ihr Enkel, muß der eigentlich immer so herumtoben? Kann der nicht leise spielen? Das ist doch so ein goldiges Kerlchen… Also ist mit blumengießenden Ommas besser Kirschen essen als mit ihren Nachbarinnen.

Von raumgreifenden Schritten kann bei diesen Wandersleuten zwar nicht die Rede sein, aber die Ausrüstung ist top. Was brauchen der Naturbursch und die Natur..äh..dirne? mehr als den mit einer zünftigen Brotzeit gefüllten Rucksack und den Wanderstab? (Bitte nur solche Blumen am Wegesrand pflücken, die nicht unter Naturschutz stehen!)

Volkstanzgruppen. Scheint wohl Legos Antwort auf alles zu sein, zumindest in diesem Universalkasten. Sei es Paar- tanz (rechts) oder eine Einzel- darbietung (links). ¡Olé!

Ob die Dame rechts noch zu den Volkstänzern zu zählen ist, oder ob sie wild gestikulierend dem Bus hinterherläuft, muß leider ungeklärt bleiben. Der Vielfalt halber tendiere ich zum Zweiten, wiewohl mir natürlich jede Neigung zur Schadenfreude abgeht.

…wie auch die Neigung zu Ras- sismus und Chauvinismus. Aber ich kann es ja nicht ändern! Das ist nun mal Rosita, die südkalifornische Reinemachfrau. Der Besenstiel ist in einer heutzutage kaum noch anzutreffenden SNOT-Technik* mit dem Querholz verbunden.
*) Studs Not On Top = Nicht Noppe auf Noppe, sondern irgendwie quer.

Jack Sparrows Großmutter! Äh… -vater! An diesem Piraten läßt sich wie an keiner anderen Figur auf dem Ideenblatt das Phantasiebedürfnis dieses Universal- kastens verdeutlichen. Ommaperücke? Seemännische Zopffrisur! Schwattes 1×4-Plättchen? Ein Säbel! Petticoat? Na, was so ein Pirat halt am Leibe trug! Die Erklärung „schnauzbärtige Großmutter in nicht altersgemäßer Garderobe mit Holzbein und zu kurz geratener Gehhilfe“ träfe es nicht annähernd so treffend.

Dänemark ist eine Monarchie. Also kann es nicht wundernehmen, daß es dortselbst noch märchen- hafte Paläste mit herinnen logierenden Prinzessinnen und Prinzen gibt, die von Gardesoldaten in malerischer Uniform bewacht werden müssen. Unabdingbares Zeremoniell ist die akkurat vors Touristenauge gebrachte Wachablösung. Da werden die Schießprügel geschwungen, daß es eine Art hat, und wenn es auch nur schwarze Legolatten sind.

Ein Pilger. Dies ist erstaunlich, denn war doch im Jahre 1978 – wir erinnern uns: Das Jahr, da dieses Set erschien – die große neuzeitliche Pilgerwelle noch längst nicht angeschwappt. Zumal Dänemark pro- testantisch geprägt ist, wenngleich die Konfessions- zugehörigkeit für die Selbstfinder auf dem Jakobsweg nur von untergeordneter Bedeutung ist. Die ange- messene Gewandung ebenfalls.


Pappnasigoreng.

4. März 2011


Deppen, Jecken, Tölpel, Spinner, oder wie diese besoffenen Narren auch immer heißen mögen.