Buch der Woche: Der Name der Rose

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Stat rosa pristina nomine, nomina nuda tenemus.

Im Jahre des Herrn MCCCXXVII begeben sich Sean Connery und Christian Slater, begleitet von einer Kamera, in eine verschneite Abtei im Norden Italiens, weil es ihr Auftrag ist. Da sie in geheimer Mission unterwegs sind, nehmen sie die Namen William von Baskerville und Adson von Melk respective an und kleiden sich in die Kutten der Franziskaner und Benediktiner. In jener Abtei soll ein wichtiges Treffen stattfinden zwischen Abgesandten des römisch-deutschen Kaisers und solchen des zweitweise nicht römischen Papstes (denn zu jener Zeit hatten sich die Päpste nach Avignon abgesetzt), sowie Abgeordneten verschiedener Mönchsorden. Es geht also um hohe Politik, genau genommen um Macht, noch genauer darum, ob die Kirche reich und mächtig sein dürfe, wo doch Christus arm gewesen sei und seine Macht nicht von dieser Welt. William von Baskerville ist ein armer Franziskaner und somit hervorragend dazu geeignet, die Sache des Kaisers zu vertreten, welcher die Kirche naturgemäß nicht mächtig sehen will, zumal er, William, außerordentlich scharfsinnig ist.

Dieser Scharfsinn bekommt in den sieben Tagen des Aufenthalts in der Abtei reichlich Gelegenheit, sich zu zeigen, denn aus heiterem Novemberhimmel sterben die Mönche wie die Fliegen, und zwar unnatürlicher und ungewöhnlicher Tode. Diese scheinen in ihrer jeweiligen Andersartigkeit keinen erkennbaren Zusammenhang aufzuweisen, doch der erfahrene Detektiv weiß: Alles, was innerhalb eines Films geschieht, ist auch miteinander verknüpft. Natürlich ist es das. Und natürlich dauert es bis zum letzten Tag, bis dieser Knoten entworren ist, auch wenn William früh ahnt, daß der Schlüssel zu allem in der Bibliothek zu suchen sein muß, dieser riesigen, faszinierenden Bibliothek, zu der ihm der Zutritt verweigert wird. Aber was soll’s, da es der Wahrheitsfindung dient, verschaffen sich William und sein Adlatus Adson dennoch Zutritt – und wissen erst einmal nicht weiter, denn die Bibliothek ist als Labyrinth angelegt. Als gäbe es nicht schon genügend andere Rätsel zu lösen!

Nebenbei wird der Novize Adson von einer namenlosen Bauernmaid in die Geheimnisse der Liebe eingeweiht, was diese freilich teuer zu stehen kommt. Denn sie wird aufgegriffen und prompt dem anläßlich des Treffens anwesenden Inquisitor Bernard Gui vorgeführt, der überdies noch andere Häretiker dem Scheiterhaufen übergibt, in der Annahme, somit die Schuldigen an der Mordserie gerichtet zu haben. Tja, die machen sich’s einfach.

Dieser Klosterkrimi Umberto Ecos verknüpft gekonnt eine spannende Detektivgeschichte mit einem Sittengemälde nicht bloß des hohen Mittalalters, sondern stellt gedankliche Bezüge her zur Gegenwart, mit ironisch-moralischer Implikation im Geiste der Aufklärung. Selbst- verständlich sind nicht irgendwelche Ketzer schuld an den Morden in der Abtei. Es wäre verfehlt zu sagen, die Ketzer seien die Guten, aber ihre kirchenkritische Haltung wird doch mit einigem Wohlwollen beleuchtet. Schuld an den Morden ist vielmehr der frömmste Mönch, den die Abtei zu bieten hat, der ehrwürdige Jorge von Burgos, ein verknöcherter alter Fundamentalist, blind vor Zorn und bereit, über Leichen zu gehen, um zu schützen, was er meint, schützen zu müssen: Das letzte existierende Exemplar von Aristoteles’ Abhandlung über die Komödie. Niemand soll es lesen, denn das Lachen, so Jorge, vertreibe die Furcht, und Furcht sei nötig, um glauben zu können. Na dann.

Warum der Roman ausgerechnet „Der Name der Rose“ heißt, geht aus der Handlung nicht so recht hervor. Spekulationen zufolge spielt der Titel auf die Namenlosigkeit des armen Bauernmädels an, das dem Eifer der religiösen Fanatiker geopfert wurde. Der Autor selbst gab an, ihm habe schlicht die Unverbindlichkeit dieses Titels gefallen. Wie dem auch sei, wenn man den Namen einer Rose genau haben will, so schaut man in einem Bestimmungsbuch nach:

Auch in der Villa Sonnenschein 3149 wird nach dem Namen der Rose gesucht.

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