An der Ruhr-Universität Bochum sammelte ich im Hörsaal mal ein studentisches Flugblatt auf, ohne es aus der Luft fangen zu müssen, wie der Begriff suggerieren könnte, des bemosernden Inhalts, daß „Evaluation“ ja wohl für viele Professoren ein Fremdwort sei. Ich mußte das damals auch erstmal nachschlagen, ohne gewalttätig werden zu müssen, wie der Begriff suggerieren könnte. Aber egal, lange her, längst zerknüllt, und „Professoren“ gibt es an Universitäten schon längst nicht mehr, zwischenzeitlich „ProfessorInnen“, dann „Professor*innen“, nun höchstens noch „Professierende“.
Was das alles hiermit zu tun hat? Nichts! Außer, daß das auch schon lange her ist.
Aber jetzt gibt es Waldorf und Statler als vorgeformte Lego-Minifiguren. Und entgegen meiner Gewohnheit habe ich das alte Bauwerk mal auf den neusten Stand gebracht, diesbezüglich.
Diesen Logenplatz baute ich vor mindestens mal 13 Jahren, und hier kommt die Autoreferenzialität ins Spiel, in Form des folgenden Links: Logenplatz
„Kennst du eine alte preußische Bauernregel?“ –
„Das Moor hat seine Schuldigkeit getan. Das Moor kann gehen.“
Wir schreiben den 22.02.2022. Heute wollte Ralf, Cran, seinen 50sten Geburtstag feiern. Aber leider.
Ralf war ja nicht nur Bürgermeister von Lindburg, sondern auch Meister der Landschaftssplitter. Vor allem zweiteres hat mich wegen der Genialität der Idee und aufgrund der liebevollen Umsetzung begeistert. Aber wie’s so ist, Bauunlust und so, kam ich nie dazu, mal was zum PCS-Projekt beizutragen. (PCS = Puzzling Castle Scapes.) Bis zur letzten vorcoronalen 1000steine-Insel; da konnte ich mich endlich aufraffen und baute was (Bilder = Links):
Der Biberdamm
Die Bilder sind etwas schummerig. Andere jagen ihre Fotos eigens durch einen Instagram-Filter, um sie so aussehen zu lassen, bei mir kommen sie wegen lichtscheuen Wetters direkt so aus der Kamera.
Das Format entsprach dem Standard. Ralf hat sich sehr gefreut, daß ich endlich mal ein echtes PCS-Modul baute, nachdem ich zuvor immer bloß bei Stammtischen aus Wühlkistensteinen was zusammengesteckt hatte, was er nie akzeptierte. Den Biberdamm baute er an passender Stelle ein.
Und à propos „passende Stelle“. Wiederholt kam es beim Puzzlen auf Langeoog zu einer Situation, da eine Lücke mit den vorhandenen Modulen nicht mehr zu schließen war. Wie schon bei Ausstellungen zuvor stach mich dann der Hafer, und ich baute aus vor Ort erworbenen oder erwühlten Teilen rasch einen Lückenfüller.
Der Adlerbrunnen
Normalerweise bröselte Ralf beim Abbau nach der Ausstellung solche Lückenfüller wieder auseinander, aber dieses gab er mir zurück mit der Anweisung, es beim nächsten Mal wieder mitzubringen. Ich war mächtig stolz!
Den heutigen Tag hielt ich für passend, die Teile mal vorzuzeigen. Durchaus in dem Bewußtsein, daß ich halt zwei, relativ simple Module baute, und er nahezu 500.
Black Sabbath. Benannt nach einem Horrorfilm mit Boris Karloff, welcher auf Deutsch „Die drei Gesichter der Furcht“ heißt, im Englischen aber eben „Black Sabbath“. Die Band „Earth“, bestehend aus Toni Iommi, Terence „Geezer“ Butler, Bill Ward und John „Ozzy“ Osbourne, probte mit Blick auf ein Kino, in dem auch dieser Film gezeigt wurde. Die Erkenntnis, daß Menschen Geld dafür bezahlen, um sich begruseln zu lassen, führte zu einer Umbenennung der Band und einer musikalischen Neuausrichtung, war doch das Repertoir zuvor eher vom Blues geprägt gewesen.
Am 17ten November 1969 schließlich nahmen die vier ihr erstes Album auf, welches durchaus noch sehr bluesig daherkommt, inklusive Mundharmonika. Innerhalb von zwölf Stunden spielten sie den Tontechnikern im Studio ihr Bühnenprogramm vor, und fertig war die Platte nebst einer Single, die keine Albumauskopplung war, sondern separat erschien. So lief das damals. Und weil die Musik als horrormäßig empfunden wurde, sollte die Scheibe an einem Freitag dem 13ten veröffentlicht werden. Der nächste solche war eben im Februar des Folgejahres.
Das Erscheinen von „Black Sabbath“ war nichts Geringeres als die Geburtsstunde des Heavy Metal, Led Zeppelin hin, Steppenwolf her. Düster, dröhnend und schaurig beginnt das Album mit dem Titeltrack („Black Sabbath“), und auch Satan hat seinen Auftritt. Dies, in Einklang mit dem Umstand, daß im Innern der Plattenhülle ein umgedrehtes Kreuz abgebildet war, deuchte die äußerlich moraltriefenden und innerlich verleichenkellerten Sittenwächter jener Zeit Indiz genug, die Band Black Sabbath als Satanisten abstempeln zu müssen. Dabei hatten die Musiker auf die graphische Gestaltung des Plattencovers gar keinen Einfluß. Auch ist die bloße Nennung des Anklägers an Gottes Gerichtshof (so Satans Rolle in der Bibel) nicht mit Verehrung gleichzusetzen, vielmehr kann man es als Warnung verstehen: Macht was Gutes, ihr Motherf*cker, weil sonst Satan! Überdies war zumindest Bassist und Textschreiber Geezer Butler praktizierender Katholik, weshalb sich auch im Folgenden bemüht wurde, das Satanistenimage, so cool es auch in gewisser Weise sein mochte, abzulegen, schon im Hinblick auf Tourneeauftritte in God’s Own Contry (GOC).
Mir behagt der Gedanke, daß die Gründerväter des Heavy Metal eigentlich kiffende Hippies waren (Und das waren sie!), die freilich mit Flower Power nichts anfangen konnten, weil sie nicht im blumigen San Francisco beheimatet waren, sondern im verrußten Birmingham. Gitarrist Toni Iommi hatte sogar nur wenige Jahre zuvor zwei Fingerkuppen an der Presse im Stahlwerk eingebüßt, wie heavymetal ist das denn!?
Mein erster Eindruck von Pink Floyds Musik war dermaßen günstig, daß ich sehr bald der CD-Abteilung von Saturn einen weiteren Besuch abstattete, um Nachschub zu besorgen. Nach wie vor war mein Wissen um die Band begrenzt, hatte ich doch zu jenem Zeitpunkt noch keinen Zugang zum Internet. Jedoch lief damals eine Fernsehserie mit Dirk Bach, „Lukas“, die ich selten schaute, weil ich generell selten fernsehe. Bin kurzsichtig. Mindestens eine Folge sah ich allerdings, und ausgerechnet da legte Dirk Bach alias Lukas das Album „Dark Side of the Moon“ auf, weil dies seinen Angaben zufolge das perfekte Kiffer-Album sei. Nun war ich zwar nie Kiffer (Ernsthaft. Nie.), aber durch diese Lukas-Episode kannte ich nun ein zweites Album von Pink Floyd, und genau das erwarb ich dann bei nächster Gelegenheit.
Dark Side of the Moon.
So steht es auf dem Rücken der CD, auf dem Titelbild fehlt jeglicher Schriftzug. Es zeigt einzig vor schwarzem Hintergrund einen Lichtstrahl, der durch ein Prisma in die Farben des Regenbogens gespalten wird. Dieses Cover ist eine Ikone der Cover-Kunst, und das Motiv begegnet einem in der ursprünglichen oder abgewandelten Form all überall in der wirklichen und virtuellen Welt, vornehmlich auf T-Shirts, getragen von Menschen, denen man nicht unbedingt angesehen hätte, daß sie auf Pink Floyd stehen. Aber so ungewöhnlich ist das gar nicht, gehört die Platte doch zu den erfolgreichsten und meistverkauften der vergangenen 50 Jahre; selbst Homer Simpson nannte ein Exemplar des Albums sein eigen. Angeblich kamen die hohen Verkaufszahlen allerdings dadurch zustande, daß audiophile Zeitgenossen dieses perfekt produzierte Werk dazu benutzten, ihre Plattenspieler zu justieren, und gegebenenfalls ein Ersatzexemplar beschafften, um stets makellosen Klang garantieren zu können. Ich hingegen legte stumpf die CD in mein schon erwähntes CD-Radio und scherte mich nicht um bestmöglichen Klang.
Es beginnt mit Herzschlag und anderen Soundeffekten und Gesprächsschnippseln, welche ins erste Lied „Breathe“ übergehen, welches in ein Instrumentalstück übergeht, welches ins nächste Lied übergeht, und das hatte ich schon mal gehört. Das hat jeder schon mal gehört! Wannimmer in einem Fernseh- oder Radiobeitrag ein Bezug zum Verlauf der Zeit hervorgehoben werden soll, erklingt entweder das Weckerklingel-Intro des Songs „Time“, oder im Hintergrund läuft der Gesangspart. Das Ende des Tracks von „Time“ ist als eigenes Lied ausgewiesen, „Breathe Reprise“, und geht schließlich über ins nächste Stück „The Great Gig in the Sky“, welches wiederum ein Instrumental ist, sofern man die ekstatische Stimme von Clare Torry als Instrument begreift.
Daß nach dem Verklingen der letzten Töne von „The Great Gig in the Sky“ früher mal die Schallplatte umgedreht werden mußte, merkt man daran, daß der Track nicht nahtlos ins nächste Lied übergeht. Und auch dieses Lied hatte ich schon mal gehört, weil jeder das schon mal gehört hat. Wannimmer in einem Fernseh- oder Radiobeitrag übers große Geld gesprochen wird und mal nicht auf ABBA zurückgegriffen werden soll, erklingt das Registrierkassen-Intro von „Money“. Selbst wenn DSOTM nicht bis heute ein Verkaufsschlager wäre, könnten die Bandmitglieder wahrscheinlich gut von den Tantiemen leben, die ihnen allein aus der Nutzung von „Money“ zufließen. Nachfolgend gehen die Songs wiederum ineinander über. Es folgen „Us and Them“, das Instrumentalstück „Any Colour You Like“, „Brain Damage“, welches sozusagen der Titeltrack des Albums ist, da er die Worte „dark side of the moon“ enthält, und es endet mit „Eclipse“, das wiederum mit Herzklopfen endet, womit das Album wieder am Beginn angelangt wäre.
Da die Single-Auskopplungen „Time“ und „Money“ eh allseits bekannt sein dürften, sei an dieser Stelle mal „Us and Them“ verlinkt. Dick Parry ist hier als Ergänzung zur Band am Saxophon zu hören:
Ob das alles ein passender Soundtrack zum Kiffen ist, vermag ich nicht zu beurteilen; ich kann das auch bei klarem Kopf schönfinden. Auch bei dieser Platte handelt es sich um ein Konzeptalbum, wenn auch vielleicht nicht so augen- oder ohrenfällig wie bei „The Wall“. Beschrieben wird das Leben eines Menschen, der durch verschiedene Aspekte der modernen Welt in Mitleidenschaft gezogen wird, bis es eben zum „Brain Damage“ kommt. Der Herzschlag, der an Beginn und Ende zu hören ist und sich symbolisch durch das ganze Album zieht, wird in der aufklappbaren Plattenhülle durch den grünen Streifen des Regenbogens als Oszillogramm dargestellt:
1973 ist der Titel der Scheibe übrigens noch „The Dark Side of the Moon“ (Hervorhebung von mir), und das Prisma ist nicht massiv ausgefüllt:
Außerdem lagen der Schallplatte zwei Poster bei, deren eines die Pyramiden von Gizeh in blauer Nacht zeigt, was ich oben als Lego-Illustration nachzuempfinden versuchte. (Bei der Gelegenheit merkte ich, daß mein Vorrat an blauen 2×4-Steinen begrenzt ist und die vorhandenen zum Teil starke Vergilbung aufweisen, aber das nur am Rande.) Nach Anhören dieses Albums war mir jedenfalls umgehend klar, daß das nicht mein letztes Album von Pink Floyd gewesen sein konnte.
Ich habe ja nie einen Hehl daraus gemacht, daß ich nicht nur Pink-Floyd-Fan bin, sondern mich sogar so bezeichnen würde, was nicht für alles gilt, wofür ich sympathisches Interesse hege. Aber wie konnte es dazu kommen? In meinem Elternhause jedenfalls lernte ich nicht, ein Ohr zu entwickeln für moderne Spielarten der Tonkunst; da war bei Tschaikowski Schluß, was den Inhalt des Plattenschranks angeht, und es begann bei Schütz, Händel, Bach. Trotzdem schwang „Pink Floyd“ natürlich irgendwie im kulturellen Hintergrundrauschen mit, ohne daß ich dem Begriff konkret Musik hätte zuordnen können. Ein visueller Eindruck zumindest stellte sich spätestens 1994 ein, als in der „ADAC-Motorwelt“ das Golf-Sondermodell „Pink Floyd“ beworben wurde nebst Hinweisen darauf, daß Volkswagen in Deutschland die Konzerte jener Band präsentierte. Oder so.
An meinem letzten Schultag vor den Abiturprüfungen schließlich, mit Abistreich und Musikbeschallung in verdunkelter Pausenhalle, legte der DJ neben dem unvermeidlichen „School’s Out“ von Alice Cooper auch ein Lied auf, welches ich schon zuvor mal gehört hatte, und welches die Zeilen enthielt „We don’t need no education / We don’t need no thought control“, und ich frug einfach mal, wer das sänge? Aha, Pink Floyd. Weiter konnte ich mich nicht damit beschäftigen, denn ich mußte die letzte Gelegenheit nutzen, doch endlich mal zu schwänzen. Ich entfernte mich also von der Schule, um durch die Fahrprüfung zu fallen. Was ich dann auch tat.
Nach dem Abi spülte mir der Zivildienst nie zuvor gekannte Geldsummen aufs Konto, satte 13 D-Mark am Tag! Ausgerüstet mit derartigem Reichtum konnte ich ohne Reue bei Saturn nach CDs stöbern, wo mir eines Tages tatsächlich ein Album als Nice-Price-Angebot in die Hände fiel:
The Wall
Ein Doppelalbum für 15 D-Mark, doch gab es keine Titelliste auf der Rückseite. Aber wenn das einzige mir bekannte Pink-Floyd-Lied „Another Brick in the Wall“ nicht auf dem Album „The Wall“ vertreten war, wo dann? Ich ging also das Risiko ein und nahm die CD mit. Kaufenderdings; nicht daß hier noch der Eindruck entsteht, ich würde der Liste meiner Schandtaten neben Schuleschwänzen nun etwa auch noch Ladendiebstahl hinzufügen, nee, nee.
Unbeleckt von jeglichem Vorwissen legte ich daheim Disc 1 in mein CD-Radio, um mir mit schlechtem Klang ein vermutlich bis ins Kleinste ausgetüfteltes High-Fi-Sound-Erlebnis zu geben, aber ich wußte es ja nicht besser und konnte auch nicht anders. Die Musik jedenfalls überzeugte mich fast unmittelbar. Die Mischung aus schönen Harmonien und Brachialität bot mir just die Interessanz, für die ich empfänglich war, und das bereits, ohne daß ich mich näher mit den Texten und dem alles umfassenden Konzept auseinandergesetzt hätte. Daß es sich um ein Konzeptalbum handelt, bekam ich indes schnell spitz. Auf das ouvertürenhafte „In The Flesh?“, welches das Publikum auf die zu erwartende Show vorbereitet, folgt auf der ersten Scheibe über alle Lieder verteilt der Abriß des Werdegangs eines jungen Mannes, unter besonderer Berücksichtigung aller Faktoren, die zu seinen späteren Psychosen führen: Die dominante Mutter, der Verlust des Vaters im Krieg, die eigenen Erlebnisse im Bombenhagel, die seelenlosen, grausamen Lehrer in der Erziehungsanstalt, die verkorkste Pubertät und die treulose Freundin, sowie allgemein die betonierte Gesellschaft. All dies sind Ziegel in der Mauer, mit der sich Pink – so wird der Protagonist im Lied „In the Flesh“ bezeichnet, was somit das Album als irgendwie autobiographisch ausweist – umgeben fühlt, und welche mit jeder Begebenheit weiter in die Höhe wächst, bis er emotional komplett abgeschottet ist. Als Höreindruck soll nun nicht „Another Brick In The Wall“ dienen, welches als wiederkehrendes Motiv auf der ersten Disc in drei Teile aufgesplittet ist, sondern „Young Lust“:
(„The Wall“ erschien 1979, drei Jahre zuvor hatten bereits Black Sabbath „Dirty Women“ besungen, aber das tut hier nichts zur Sache.)
Die zweite Scheibe stellt zunächst Pinks Seelenzustand in der Isolation dar. Er fühlt sich einsam und der Welt nicht weiter zugehörig, betäubt sich mit Fernsehen und Drogen, was er freilich abstreitet, und entwickelt als Folge der rigiden Erziehung, die, da er hinter seiner Mauer sitzt, nun nicht mehr durch äußere Eindrücke korrigiert werden kann, ein faschistisches Weltbild, fühlt sich gehetzt und wartet eigentlich bloß noch auf den Tod. Schließlich imaginiert er nach einem Zwischenfazit, welches die Publikumsansprache der Ouvertüre wieder aufgreift, eine Art jüngstes Gericht, freilich nicht unter dem Vorsitz Gottes, sondern von Richter Wurm, da Leichen nun mal von Würmern zerfressen werden, mit der Anklage, Gefühle von beinahe menschlicher Natur zu haben. Das Urteil lautet: Öffentliche Zurschaustellung, also weg mit der Mauer!
Als Anspieltipps böte sich hier so manches an, das längste Stück der Platte, „Comfortably Numb“, das getriebene „Run Like Hell“ oder auch das operettenartige „The Trial“, aber mir hat es „Hey You“ angetan:
Was ich damals, 1996 oder 1997, alles noch gar nicht wußte:
„The Wall“ ist in der Tat irgendwie autobiographisch, insofern Roger Waters, der Bassist und Hauptsongschreiber jener Tage, hier die Traumata seiner eigene Kindheit aufarbeitet. Auf der vorausgegangenen Tour hatte er an sich selbst Verhaltensweisen bemerkt, die ihm ganz und gar nicht behagten, was ihm die Idee zu diesem Konzeptalbum gab. Die anderen Bandmitglieder waren am kreativen Prozeß nur marginal beteiligt, einzig David Gilmour konnte mit „Comfortably Numb“ ein wahres Highlight aufs Album schmuggeln. Pianist Richard Wright wurde sogar nach Abschluß der Studioaufnahmen aus der Band gefeuert, da er sich mit Roger Waters so gar nicht mehr verstand, ironischerweise jedoch für die folgenden Live-Darbietungen als bezahlter Bühnenmusiker wieder engagiert.
Diese Bühnen-Show war das Aufwendigste (mit e!), was seit barocken Opernaufführungen vor Publikum zelebriert wurde. Quer über die Bühne wurde während der Show eine Mauer aus Pappquadern gebaut, auf diese Mauer wurden von Gerald Scarfe animierte Szenen projiziert, davor wackelten überlebensgroße Marionetten über die Bühne, eine Pseudo-Band in Masken der originalen Pink-Floyd-Mitglieder spielte vor der Mauer, während die Band selbst dahinter weitgehend im Verborgenen blieb. Am Ende fiel die Mauer mit lautem Getöse in sich zusammen. Das alles war so teuer, platzfordernd und eben aufwendig, daß „The Wall“ 1980 und 1981 nur an vier Orten weltweit überhaupt aufgeführt wurde, namentlich Los Angeles, wo die Premiere stattfand, New York, selbstverständlich London und – – – Dortmund. Damals galt die Westfalenhalle noch als erste Adresse für derlei Veranstaltungen.
Irgendwann später (im Jahr 2000) erwarb ich dieses opulente Live-Doppelalbum, wiewohl ich früher überhaupt kein Freund von Live-Versionen irgendwelcher Lieder war. Aber seit ich erfahren hatte, daß ausgerechnet Dortmund Schauplatz der exklusiven The-Wall-Show war, drängte es mich, ein Dokument dessen zu besitzen. Das Live-Album wurde freilich in London aufgenommen. Vergebens war die Anschaffung dennoch nicht, denn die Longbox enthält ein Buch, das den Produktionsprozeß der Show dokumentiert. Passend zur den Rahmen sprengenden Bühnen-Show ist auch diese Verpackung so voluminös, daß sie nicht vernünftig in mein CD-Regal paßt. Nun ja.
Roger Waters hatte „The Wall“ nicht bloß als Konzeptalbum entworfen, sondern die visuelle Präsentation von vornherein mitgeplant. Innerhalb des Albums selbst wird die „Show“ mehrfach erwähnt (Der Song „The Show Must Go On“ ist freilich weniger im Bewußtsein der Öffentlichkeit, als es Queens Lied unter demselben Titel sein mag.), und auch die Pseudo-Band vor der Bühnen-Mauer findet Erwähnung. Die Aufmachung der Album-Hülle (außen schlicht und innen farbenprächtig) wurde ebenso von Gerald Scarfe entworfen wie die Animationen, die während der Show über die Mauer flackerten, und die animierten Passagen im surrealistischen Film von 1982. Die Hauptrolle des Pink spielt dort Bob Geldof, und die Handlung wird nahezu ausschließlich anhand der Musik des Albums erzählt. Der Song „When The Tigers Broke Free“, der nicht mehr auf die Schallplatte gepaßt hatte, konnte im Film verwendet werden.
Na gut, also doch „Another Brick In The Wall part 2“:
Auch diesen Film kaufte ich erst sehr viel später, und die DVD-Hülle ist so schmal, daß sie in der Tat quer über die CDs ins Regal paßt.
Den Titel Mutter aller Konzeptalben dürfte „The Wall“ trotz der epochalen Begleitumstände nicht für sich beanspruchen, denn da ist „Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“ vor. Das war mir natürlich schnurz, mir gefiel’s, sehr sogar. Als erste Begegnung mit der Musik von Pink Floyd hätte es freilich fatal sein können, denn der zum Teil bombastische Sound von „The Wall“ ist keineswegs charakteristisch für das frühere Œuvre der Band. Des wurde ich sehr bald gewahr, denn dieses Album machte mir umgehend Appetit auf mehr, so daß mein Kauf eines zweiten Pink-Floyd-Albums nicht lange auf sich warten ließ.
Kürzlich habe ich endlich alle Nexo-Knights-Sets auseinandergebaut, die hier aufgebaut herumstanden. Leider ist das gleichbedeutend mit: Alle Nexo-Knights-Sets. Du weißt, daß mit Legos Ritter-Thema was schiefgelaufen ist, wenn nach dem Auseinandernehmen mehr Space-Räder, noppenlose Technic-Balken und orangetransparente 1×1-Rundplättchen übrigbleiben als graue Steine und Bögen. (Ja, ich wiederhole mich, aber es gibt dutzende Indizien für die generelle Blödheit der Nexo-Knights-Serie.)
Davon abgesehen ist mir aber im Zuge dessen etwas anderes wieder bewußt geworden: Lego (in Person des jeweils diensthabenden Set-Designers) legt immer weniger Wert auf stabile Verbundbauweise. Zwar sind die Modelle am Ende durchaus noch stabil, von Ausnahmen abgesehen, aber entweder durch exzessiven Gebrauch von Technic-Lochbalken und schwarzen Pins, oder durch eine einzelne verbindende Schicht über einem größeren Baukomplex, der in sich instabil gebaut ist. Wieso ist das so? Lego selbst hat doch erst 1970 *hust* in seinem „Lego® Magazin“ darauf hingewiesen, wie man stabile Mauern baut.
Das Magazin ist eine Mischung aus Bauspielbuch und Katalog, und nach der Vorstellung der sehr unpuristisch gebastelten Figuren „Herr und Frau Knopf“, die als Zeichnung durch das Magazin führen, werden die Grundlagen erklärt:
Es ist ganz einfach, wenn Du „richtig“ baust. Du mußt Deine Steine so setzen, wie es auch die Maurer auf einer großen Baustelle tun. Ein Stein wird so gelegt, daß er zwei andere verbindet. In der Bausprache heißt das: „im Verbund bauen“. Dadurch wird Deine Konstruktion stabiler. Auf den Bildern hier unten siehst Du, was wir meinen.
Lego wußte also mal, wie es geht, und jedes Kind wußte es ebenfalls, zumindest, wenn es dieses Magazin durchgeblättert hatte. Das haben die aktuellen Set-Entwickler ganz offensichtlich nicht getan, denn allzu oft werden einfach stumpf 1×4-Steine übereinandergesteckt, oft angeordnet neben 5-hohen Säulen und eventuell einer Konstruktion aus SNOT-Konvertern*, an welche dann eine andere Baugruppe seitlich angeflanscht wird. Davon blieben nach der Abbausession auch ganz viele übrig. Und genau da liegt möglicherweise der Hase im Pfeffer. Lebendig natürlich, denn für diesen Blog-Eintrag wurden keine Tiere gequält! Jedenfalls werden Mauerstrukturen nicht mehr grundsätzlich in Stein-auf-Stein-Bauweise ausgeführt; das hat Lego sozusagen gar nicht mehr nötig. Denn der Teilekatalog umfaßt dieser Tage dermaßen viele verschiedene Teile, daß es offenbar ein Sakrileg wäre, sich dieser Teile und der damit einhergehenden Bautechniken nicht zu bedienen.
*) Studs Not On Top, also irgendwie seit- oder unterwärts.
Nun spricht natürlich nichts dagegen, an Stellen, wo die Bausituation es erfordert, eine gewiefte SNOT-Konstruktion zur Anwendung zu bringen, um die gewünschte Form des Bauwerks herzustellen. Ich selbst rühme mich des Einsatzes solcher Bautechniken. Ein Beispiel zum Beispiel. Beim Bau der Veste Falckenstein kam ich nicht umhin, ein Eckpaneel durch eine hochkant eingebaute Dachschräge zu ersetzen, weil der Vorsprung der daneben angeordneten Zinne hineinragte (Bilder = Links):
Wenn man vor einem derartigen Bauproblem steht und einem solch eine Lösung einfällt, dann freut man sich. Vor allem aber ist die SNOT-Bauweise kein Selbstzweck, sondern dient lediglich dem in sich konsistenten Erscheinungsbild. Dahingegen habe ich bei vielen SNOT-Konstruktionen in aktuellen Sets den Eindruck, daß die angewendete Technik keinem höheren Zweck dient als dem, die Versiertheit des Konstrukteurs unter Beweis zu stellen. Vielleicht soll es auch den Bauprozeß interessanter machen, aber das wäre ja sowieso subjektiv. Vielfach sind solche SNOT-Kontruktionen nicht nur nicht notwendig, sondern es gebricht ihnen auch an einem ästhetischen Mehrwert, insofern sie eine eigentlich logische, klare Struktur unnötigerweise unruhig machen. Da es notwendig ist, für das geSNOTete Teilstück eine entsprechend glatt umrandete Lücke zu lassen, kommt also im Verein mit den oft daneben angeordneten unflexiblen Großteilen das Stabilitätsproblem noch hinzu.
À propos Großteile. Früher, als nicht alles besser war, aber manches halt doch, waren selbst die oft geschmähten Wandformteile noch so gebaut, daß sie Verbundbauweise ermöglichten.
Neben den Einbuchtungen an den vier Ecken, über die das das alte Burgwand-Paneel mit der Umgebung verzahnt werden konnte, verfügte es zusätzlich über einen Steg in der dritten Dimension und somit weitere Einbaumöglichkeiten. Freilich war das Teil ein POOP, also ein „piece out of pieces“, welches auch aus herkömmlichen Teilen gebaut werden konnte, weshalb es insgesamt die etwas problematische 5er-Breite hatte, weil so die Schießscharte durch einen 1×3-Bogen dargestellt werden konnte. Das Paneel in der Mitte ist kein POOP, denn das 1-breite Fenster ist mittig in 4er Breite angeordnet, was sich so nicht mit kleineren Teilen darstellen läßt. Dafür fehlt dem Formteil unten die Verzahnungsmöglichkeit. Durch die geringere Höhe kann es allerdings oben sicher überbaut werden. Das rosa Fensterpaneel ist nicht auf Verzahnung ausgelegt.
Bei den Eckpaneelen ergibt sich ein ähnliches Bild – Verzahnung ist allenfalls oben möglich. Zugegebenermaßen verursachen die Einbuchtungen am alten Paneel (im Bild grau) eine etwas unelegante Form, während die neue Form sehr viel schlanker wirkt. Aber eben auch unverbundener.
Der Umstand, daß neue Teilformen wenig Wert auf Verbundbauweise legen, deutet darauf hin, daß es sich im Einzelfall nicht um individuelle Bauentscheidungen des zuständigen Set-Entwicklers handelt, sondern auch eine systemimmanente Unternehmenskultur dahintersteckt. Verbundbauweise erfordert nämlich gegebenenfalls ungeradzahlige Steinlängen, um zum Beispiel Übergänge an Ecken zu bewerkstelligen. Verzichtet man auf Verbund, kann man eventuell Steineformen weglassen, die ansonsten im entsprechenden Set nicht benötigt werden. Aus demselben Grund wurde das normale 1×1-Plättchen gewissermaßen in Sets zur Seltenheit; denn alle Stellen, an denen ein 1×1 großes Plättchen benötigt wird, werden durch die eine sowieso im Set enthaltene 1×1 große Platte ausgefüllt, ungeachtet deren Form, Farbe und Opazität oder Transparenz.
Auf diese Weise wird der Sortier- und Verpackungsprozeß verschlankt, da bei der Zusammenstellung des Sets weniger verschiedene Kisten mit sortenreinen Teilen aus dem Hochregal geholt werden müssen, ergo ergibt sich eine Kostenersparnis. Am Ende geht es immer um Kostenreduzierung. Das ist gut für Lego, die Firma, aber nicht unbedingt gut für Lego, das Bausystem. Denn durch die Einsparung von Teilen, die bei Verbundbauweise benötigt würden, ergeben sich eben objektive Qualitätsmängel, von der eventuell beeinträchtigten optischen Erscheinung ganz abgesehen. Darüber können auch die vielen tollen Bautechniken nicht hinwegtäuschen, besonders, wenn sie bloße Augenwischerei ohne funktionalen Mehrwert sind. Das mag der gegenwärtigen Kernkundschaft gleichgültig sein, da sie es nicht anders kennt. Ich als Veteran hingegen, der seit mindestens 1980 mit Lego aufgewachsen ist, habe den Vergleich. Dieser Vergleich mag durch den nostalgischen Blickwinkel beeinträchtigt sein, jedoch nicht ausschließlich, wie ich oben darzulegen versuchte. Und er fällt häufig – nicht immer! – zu Ungunsten der aktuellen Sets aus. Ich kann’s ja auch nicht ändern!