Lego grummelt zurück.


Unter den Figuren der Sammel-Minifig-Serie 10 befindet sich dieser ältere Mitbürger mit Teetasse und Nostalgiezeitschrift. Bemerkenswert ist das eigens entworfenes Haarteil; nee, das Kopfteil, das ein Haarteil nötig hätte. Die Charakterzeichnung wird ergänzt durch Schnauzbart, Kassengestell, Hosenträger und bauchdeckendes Beinkleid in typischer Kolorierung. Die aufgesetzte Glatze wirkt zwar ein wenig wie eine fleischfarbene Badekappe (huahua), aber im großen und ganzen ist die Figur liebevoll gestaltet und darf als gelungen bezeichnet werden.

Doch viel bemerkenswerter ist, was Lego auf der offiziellen Homepage dieser Figur ins Profil geschrieben hat. Ich weiß nicht, ob der Link dorthin dauerhaft oder überhaupt funktioniert, darum erlaube ich mir zur Sicherheit ein Zitat:

Großvater

„Früher war alles viel besser!“

Wenn es nach dem Willen des Großvaters ginge, wäre das Leben heute noch genau so wie in seiner Jugend, und er lässt keine Gelegenheit aus, um das zu sagen. Man muss nur erwähnen, dass die alten braunen LEGO® Steine schöner waren als die neuen, und er wird antworten, dass es in seiner Kindheit sowieso nur rote LEGO Steine gab und man froh war, wenn man überhaupt welche hatte.

Schon seit der Einführung der ersten Spielthemen stören den Großvater alle modernen Teile: Türen, Fenster – überhaupt alle Elemente, die nicht aussehen wie ein ganz normaler LEGO Stein. Von den neumodischen Minifiguren mit beweglichen Armen und Beinen und ausdrucksvollen Gesichtern ganz zu schweigen!

Kicher. Das hört sich so an, als sei irgendwer bei Lego leicht angenervt vom Dauergenöle der AFOLs* und hätte die Gelegenheit genutzt, mal – humorvoll aber doch – vom Leder zu ziehen. Was übrigens auch eine Formulierung aus Großvaters Zeiten ist.

Denjenigen, die nicht wissen, auf was sich die Sache mit den alten und neuen braunen Lego-Steinen bezieht, sei es kurz referiert:
Mit dem Modelljahr 2004 änderte Lego die Farben grau, braun und dunkelgrau in die Farben ab, die heutzutage als grau, braun und dunkelgrau produziert werden. Die alten Farben waren erdigere, natürlich wirkende Farbtöne, die neuen Farben sind betreffs grau etwas bläulicher, betreffs braun etwas rötlicher. Seinerzeit rief diese Änderung massive Proteststürme in den damals tonangebenden Internetforen (vor allem Lugnet) hervor. Einerseits, weil Lego überhaupt etwas änderte; das war die opahafte Sichtweise, die in der Charakterbeschreibung der obigen Sammelminifigur aufs Korn genommen wird. Andererseits, und das war die argumentativ unterfütterte Sichtweise, weil natürlich alle neuen Teileformen bloß noch in neuen Farben verfügbar sein würden, wohingegen ausgemusterte aber noch im Bestand der AFOLs befindliche Teile eben nicht in den neuen Farben hergestellt werden würden. So oder so war farbkonsistentes Bauen nicht mehr uneingeschränkt möglich und ist es natürlich bis heute nicht. Das wurde als Abkehr vom Systemgedanken empfunden.
Und drittens waren viele AFOLs mit der Art und Weise nicht glücklich, mit der Lego diesen Farbwechsel zunächst vollzog (nämlich völlig unangekündigt) und sodann zu erklären versuchte; denn mit Marketinggewäsch und fadenscheinigen Begründungen ließ man sich ungern abspeisen. Das Vertrauen in die Beständigkeit des Produkts „Lego“, dessen integraler Bestandteil es ja ist, daß über Generationen alles zu allem paßt, aber auch das Vertrauen in die Handlungsweise der Firma selbst war erschüttert. Zusätzlich dazu bekriegten sich kritische und ..naja.. unkritische Fangruppen zum Teil sehr heftig (verbal). Alles in allem war die ganze Angelegenheit nicht schön. Eine abschließende Zusammenfassung könnte hier nachgelesen werden.

Jedenfalls. Es ist durchaus erstaunlich, daß nun, fast zehn Jahre später, Lego selbst auf dieses leidige Thema anspielt. Dabei war doch fast Gras drüber gewachsen, und selbst ich spiele mit dem Gedanken, die neuen, geänderten Farben vielleicht doch irgendwann zu akzeptieren. Immerhin ist es schön zu sehen, daß Lego offensichtlich unser Genöle wahrgenommen hat.
(Daß früher zwar nicht alles besser, aber doch so manches gut war, macht Jochen Malmsheimer hier deutlich.)

*) Adult Fan of Lego = Erwachsener Legofan.

3 Responses to Lego grummelt zurück.

  1. Wortman sagt:

    Das ist wie in vielen anderen Bereichen. Da muss man mit leben und das Beste draus machen…

  2. Cran sagt:

    Danke für den Link auf die Lugnet-Diskussion.

    „We also have received confirmation from colleagues that in the future, we will
    include both the adult and kid enthusiasts in any testing related to
    modification or change of the core building system. (Please note that there are
    not any plans whatsoever in the works for making changes)“

    Schönes Versprechen – prima zu sehen, daß es nich das Papier wert ist, auf das ich es audrucken könnte – ich denke nur an die Bögen und die Macaroni …

    Daß Lego (die Firma) sich auf diese Weise auch noch im Nachinein über den Ärger der AFoLs lustig macht, paßt so ganz zur Arroganz, die (momentan) mal wieder an den Tag gelegt wird.

    Ralf

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