Universalkasten 710.

27. August 2012

Das Schicksal von Universalkästen ist es, von der Sammlerschaft weitgehend ignoriert zu werden. Vor allem im gebrauchten Zustand, der ja meistens ein aufgebautes Modell samt Bauanleitung aber ohne Karton bedeutet, sind Universalkästen für den Sammler wenig interessant, denn es werden nicht alle enthaltenen Teile in jedem Modell verwendet, und dann ist so ein Set eben nicht komplett. Diese Mißachtung ist schade, denn viele Universalkästen oder Basic-Sets, wie sie später hießen, oder Creator-Sets, wie sie heute genannt werden, bieten nicht nur eine interessante Auswahl an Teilen, sondern durchaus auch schöne Modelle.

Der Universalkasten 710 gehört unter den ohnehin schon wenig beachteten Basic-Sets noch zu den Unbekannteren, denn ihm war nur eine kurze Verweildauer im Katalogsortiment vergönnt, zumindest nach den Maßstäben der 1980er Jahre. 1983 und 1984 war er im Katalog, und selbst ich, der ich seinerzeit die Kataloge sehr eingehend studiert habe, kann nicht behaupten, das Set damals bewußt wahrgenommen zu haben. Das geschah dann erst nach meiner ..naja.. Erweckung zum AFOL* ungefähr im Jahr 2000, als ich mal die Setdatenbanken im Internet durchforstete. Und damit begann auch meine Suche nach dem Set, denn Basic-Sets hatten es mir als Sammelgebiet angetan. Aber irgendwann bekommt man ja alles, wenn auch vielleicht auf verschlungenen Wegen. Es begann damit, daß ich auf einem Flohmarkt die Bauanleitung entdeckte und natürlich mitnahm. Dann schenkte mir ein Lego-Händler den leeren Karton, weil der für ihn als Teileverkäufer keinen Wert hatte. Und schließlich ersteigerte ich auf Ebay einen Haufen Steine, der in der Tat als „Lego 710“ angeboten wurde und ungefähr den Grundstock des Inhalts umfaßte. Dummerweise ist bei dem Set – anders als bei späteren Basic-Sets – der Inhalt nicht auf dem Karton aufgelistet. Jedenfalls. Nun habe ich mich einmal daran begeben, aus dem Haufen gebrauchter Steine, die leider zum Teil auch vergilbt sind, die Modelle des Universalkastens 710 nachzubauen. (Bilder = Links)

*) Adult Fan of Lego

Einfamilienhaus mit Garten:

Die rote Satellitenschüssel, also der Sonnenschirm, ist keineswegs trivial, denn bis zum Jahre 2001 gab es sie ausschließlich in diesem Set. Ebenso speziell sind die kleinen schwarzen Fensterläden, die hier das saloonartige Gartentor bilden; diese tauchen in Sets nach 1985 nicht mehr auf, und auch bis dahin nur in homöopathischen Dosen.

Klassenraum:

Das dunkelhaarige Mädchen bzw. der gemäß der Mode der 80er Jahre frisierte Junge darf in einer antiken Schulbank nachsitzen. Tjaja, damals war es Lego noch darum zu tun, die Lebenswirklichkeit seiner Kunden abzubilden. Die Pausenbank auf dem Schulhof gewinnt nicht allein durch die leider bei mir vergilbten Steine, sondern auch durch die farbigen Rückseiten von Schrank und Wasserhähnen ein angemessen schmuddeliges Aussehen. Sehr lebensecht. Der gelbe Besenschrank ist übrigens auch als seltenes Element zu werten, denn er taucht späterhin nur noch im Basic-Set 730 auf, sowie in weiß in einem Dacta-Set.

Surf-Bully

Hier macht sich die Abgeranztheit vieler weißer Teile leider besonders unangenehm bemerkbar. Die schlichte Ausführung der Segel und des Fuhrwerks wissen jedoch zu gefallen; besonders der Schrägversatz des zusammengerollten Segels auf dem Busdach ist nachahmenswert pfiffig.

Idyllischer Berggasthof:

In dieser Almhütte mit abgesetztem Kamin und Fachwerk kann der Wanderer eine deftige Brotzeit zu sich nehmen. Die Berge muß man sich dazudenken, und das Wirtshausschild ist Basic-gerecht: Verbaut wird, was das Teilesortiment hergibt.

Moderne Bettenburg:

Dieser Wohnturm könnte eine Ferienwohnung sein, wie an der Campingtisch-Garnitur ersichtlich wird. Interessant, wenngleich durchaus etwas willkürlich, ist die Verwendung der Rad- als Blumenkästen.

Geschenkbox:

Zu guter Letzt bietet die Bauanleitung noch dieses niedliche Deckelkästchen, in dem Klein-Ida wertvolle Briefmarken aus Amerika finden würde, aber das ist eine andere Geschichte.
So, bis hierhin war es einfach, denn die Modelle auf der Kartonvorderseite sind detailliert in der Anleitung beschrieben. Alles weitere muß mehr oder weniger mühsam anhand meist eines einzigen undeutlichen Fotos rekonstruiert werden. Um Konjekturen kommt man hierbei kaum herum.

Hundehütte:

Darum begann ich zunächst mit diesem einfachen Modell. Der blaue Pudel muß ein expressionistisches Motiv sein.

Küchenzeile:

Diese Küchenzeile bietet noch einmal die Gelegenheit, die speziellen Zubehörteile ins Bild zu setzen. Da dieses Set 1983 erschien, dürfte es die erste Quelle für den Suppentopf auf der Herdplatte gewesen sein. Denn laut BrickLink gibt es den seit 1985, jedoch fehlt er im Inventar des Sets 710. Sollte ich bei Gelegenheit mal nachtragen.

Reihenhaus:

Dieses Reihenhaus nimmt schon einiges vorweg, namentlich das Reihenhaus-Set 6370 von 1985, vor allem aber das Weetabix-Reihenhaus 1484 aus dem Jahre 1987. Die Modellentwickler wußten sich die zwei enthaltenen Haustüren schön zunutze zu machen.

Innenraum:

Anhand dieses den Innenraum favorisierenden Modells wird deutlich, wie das Bauen mit einem Universalkasten funktioniert: Die enthaltenen Steine müssen reichen. Manchmal ist es knapp, manchmal muß gestückelt werden, aber sie reichen. Für den kleinen Baumeister ist dies eine gute Übung, das Beste aus einer begrenzten Auswahl an Teilen zu machen.

Haus und Auto:

Das eben Gesagte gilt natürlich auch für dieses Haus mit Auto, das in seiner bürgerlichen Komplettheit fast ein reguläres Modell-Set sein könnte.

Spielplatz:

Dieser Spielplatz besticht durch die kreative Verwendung der ewigen Achssteine sowohl, wie auch der Verwendung der Suppentopfs als Sandförmchen. Gleichzeitig wird deutlich, daß es Lego damals mit den heute religiös befolgten Anti-Stress-Regeln, also dem bruchfreien und normgerechten Einbau aller Teile, damals noch nicht so ernst nahm. Der Topfhenkel in der Minifighand dehnt diese ungünstig auf, und senkrecht zwischen die Noppen gesteckte Plättchen, wie an der Wippe praktiziert, wird man heute kaum noch in offiziellen Modellen finden. Der leicht alternative Zeitgeist der frühen 80er Jahre zeigt sich an den zum Spielen für die Kinder bereitgelegten alten Autoreifen.

Segelboot:

Zur Abwechslung ist dieses Segelboot mal ein kleineres Modell. Doch ist es nicht minder anspruchsvoll dem Bilde abzubauen. Besonders die Struktur des Rumpfes muß mehr erahnt als beobachtet werden, ergibt sich dann aber doch aus dem vorhandenen Teilematerial.

Vogel:

Diesen Vogel zu bauen, war aus mindestens zwei Gründen eine Herausforderung. Erstens ist die Perspektive sehr einseitig, so daß leider die Gestaltung des Deckgefieders nicht erkennbar ist. Zweitens ist die überlieferte Teileliste möglicherweise nicht vollständig; es könnten also auch zusätzliche schmale rote Dachsteine verbaut sein, die im Inventar bei BrickLink fehlen. Oder aber auch enthaltene breitere Dachsteine, was aber Einfluß auf die Gestaltung der Rückenpartie hat. Egal, man sieht das Vögelchen ja sowieso nur in Dreiviertelvorderansicht, wir werden die Wahrheit also nie erfahren.

Eigenheim:

Dieses Eigenheim zitiert gewissermaßen Gestaltungselemente anderer Haussets. Wer will, kann sich durch den Torbogen an das Haus 376 erinnert fühlen, und durch den Kamin samt Gartenmöbel ans Haus 6372. Muß aber nicht.

Blumenstand:

Zwischendurch streut Lego mal wieder einen simplen aber effektvollen Blumenstand ein. Die 80er Jahre waren noch idyllisch. (Gezahlt wird mit einer wertvollen chinesischen Wandkachel.)

Hausboot:

Idyllisch ist auch dieses Hausboot, mit dem das Paar gemütlich über die Kanäle schippert. Schön ist die Möwe auf dem Schornstein.

Schneckenhaus:

Aus der Reihe „Der gebaute Wortwitz“ sehen wir nun: Das Schneckenhaus. Derartig humorvolle Absurdität ist man von Lego auch nicht unbedingt gewohnt.

Noch ein Eigenheim:

Praktischerweise ist dieses Eigenheim zwiefach auf dem Karton abgebildet, einmal die Außenansicht auf der Kartonunterseite, einmal die Rückansicht im Klappdeckel, mit dem obligatorischen Beispielkind. Um die komplizierte Dachkonstruktion nachvollziehen zu können, war die Rückansicht auch unerläßlich. Das Beispielkind ließ ich weg.

Eßzimmergarnitur:

Ebenfalls auf der Kartonunterseite findet sich diese Eßzimmergarnitur, die einer vergangenen Lego-Epoche anzugehören scheint. Aber zu Beginn der 80er Jahre waren in den Kinderzimmern sicher noch viele Kugelköpfe in Umlauf, die sich an diesen Tisch setzen konnten, welcher übrigens zur Hälfte geraten ist.

Ein weiteres Einfamilienhaus:

Dieses schlanke Haus mit Hochparterre ist ganz auf die schmale Seite des Kartons hin optimiert. Wiederum mußte ein Teil der Konstruktion geraten werden, weil insbesondere der Baum auf dem Kartonbild die Treppenkante verdeckt. Aber Bauen auf Sicht, ohne Bauanleitung, ist eine lohnende Herausforderung, die das Auge für den Zusammenhang von vorhandenem Material und geforderter Form schult. In Zukunft werde ich mir sicher noch weitere Grundbaukästen in dieser Weise vornehmen. Mit dem Universalkasten 710 war es das jedenfalls jetzt.


Embargo.

30. Januar 2020

So, jetzt ist es offiziell. Seit der letzten Set-Auseinandenehmaktion, Weihnachtsdorfsets, Ninjago-Gedöns, Hidden Side, sind meine Sortierbehältnisse voll. Was zuvor noch gerade so paßte, quillt nun über. Deckel passen nicht mehr. Die überquellenden Behältnisse mit hochgebogenem Deckel passen nicht mehr ins Regal. Ich seh’s ein: Ich habe zuviel Lego. Ich kaufe nichts mehr. Vor allem nichts, was ich auseinandernehmen und der Teilesammlung zuführen würde. Sammelsets, die als solche zusammenbleiben und im Eigenkarton gelagert werden, gehen noch, obwohl auch hier das Ende der Fahnenstange so gut wie erreicht ist.

Was noch passen würde, sind Sammelminifiguren. Aber seit ich mir eben die neuste Serie, die in Kürze im Fachhandel erhältlich sein dürfte, angesehen habe, ziehe ich auch hier die Notwendigkeit in Zweifel, die unbedingt haben zu müssen. Superhelden. Haben mich nie interessiert. Ich wußte nie, warum Comics, die nicht komisch sind, „Comics“ heißen. Und an diesen Sammelfiguren ist nur wenig, was mich anspricht. Zubehör gibt es kaum, und die Köppe sind rosa, wo doch in meiner Minifigwelt strikte Apartheid herrscht und die gelben Köppe die Herren sind. Bei den normalen Minifig-Sammelserien ist wenigstens hin und wieder eine ritterliche oder sonstwie historische Figur dabei, die in mein Thema paßt, aber hier: Nüschte.

Also wäre es eigentlich sinnvoll, wenn ich mir selbst ein Lego-Embargo verordnete. Das hätte ich schon vor Jahren tun sollen, statt stumpf und einem selbstauferlegten Denkzwang folgend, jeden Blödsinn zu kaufen, der auch nur entfernt an Ritter oder Piraten gemahnte, obwohl ich die Sets nicht einmal schön fand, Nexo Knights zum Beispiel. Oder den ganzen Ninjago-Krempel. Schluß damit!

Der unerfreuliche Nebeneffekt der ewigen Setkauferei ist überdies, daß all mein freier Bauplatz mit Sets vollstand, oder, schlimmer, mit wegzusortierenden Teilehaufen gefüllt war. Und wenn ich dann all das Zeugs endlich irgendwie wegsortiert habe, ist meine ganze Lego-Energie dahin, und für Eigenbauten bleibt nichts mehr übrig. Das merke ich jetzt auch schon wieder. Eigentlich wollte ich was bauen, mußte Platz schaffen, jetzt ist Platz, und ich habe keinen Bock mehr. Sind das Erstweltprobleme, oder was?


Buch der Woche: Ratgeber Hochintelligenz

26. Juni 2015

Da kann ich leider überhaupt nichts zu sagen.

Kompetenter Ansprechpartner in dieser Angelegenheit wäre wohl Martin Prince. Das ist ein Klassenkamerad von Bart Simpson, dem seine hohe Intelligenz im Umgang mit der ihn umgebenden Gesellschaft bisweilen hinderlich ist. Ob Martin in den über 25 Jahren seines Grundschulaufenthalts tatsächlich jemals mit einem solchen Buch in der Hand auftauchte, oder ob der Titel des Buches eine Erfindung von Lego ist, vermag ich nicht zu sagen. Aber jedenfalls ist das Buch Beilage zur Sammelfigur der zweiten Simpsons-Serie 71009.


Sets

1. Juni 2013

Rezensionen nicht nur für Nostalgiker.

Die Bruderschaft. 6678. Eine Legende.
(Rezension vom 30. September 2002, 05:04 Uhr, nach einer Chat-Sitzung auf 1000steine.de)


Feuerwache 374 – Mal ein farbenfroher Rückblick.
(Rezension vom 20. März 2004 auf 1000steine.de)


Setreview: 6950 Fahrbare Startrampe.
(Rezension vom 21. Januar 2005 auf 1000steine.de)


Technic Traktor 851. Eine Rezension.
(Verhinderte Rezension vom 11. Mai 2006.)

Castle-Set 7029 – Ein Rezensiönchen.
(Rezension vom 30. Juni 2007 auf 1000steine.de)


10184 »Town Plan« – Wortreiche Rezension mit schlechten Bildern.
(Rezension vom 8. Januar 2008 auf 1000steine.de)


Grunz, quiek, schubber, suhl – 7684.
(Rezension vom 28. März 2010.)


Impressionen eines Kaufrauschs – Grand Emporium 10211.
(Bildreiche und wortarme Rezension vom 21. März 2010.)


3221 – City LKW
(Rezension vom 23. Mai 2010.)


Große Königsburg 7946.
(Rezension vom 9. August 2010.)


Ein Hut für Jack Napier. Mond-Limousine 5984.
(Rezension vom 5. September 2010.)


9349 – Märchen- und historische Minifiguren.
(Rezension vom 12. Januar 2011.)


Figuren-Universalkasten 205
(Rezension in neun Teilen vom 25./26./28. Januar, 7. Februar, 10. März, 9. April, 24. Mai, 4. Oktober, 24. Dezember 2011.)




1620 Chocomel-Fabrik
(Rezension vom 6. Dezember 2011.)


Der schwarze Ritter. (Set 6035)
(Rezension vom 1. Januar 2012.)


Universalkasten 710.
(Rezension vom 27. August 2012.)


Also, die Monster Fighters.
(Serien-Rezension in drei Teilen vom 30. September, 6./14. Oktober 2012.)


Der 31ste Oktober. Set 850487.
(Rezension vom 31. Oktober 2012.)


Fiat lux! (Set 6671).
(So ’ne Art Rezension vom 2. Februar 2013.)


Schulset Sachunterricht 1053.
(Rezension vom 27. August 2013.)


Vier Fenster für ein Halleluja. (Set 7810).
(Rezension vom 6. Dezember 2013.)


Burg-Kavallerie 70806.
(Rezension vom 5. Februar 2014.)


Bahnhof 7824.
(Rezension vom 19. Juli 2014.)


Heroica. Eine Sinfonie in ABS-Dur.
(Serien-Rezension vom 7. September 2014.)


Ferngesteuerte Entkupplungsanlage 7862 (12-Volt).
(Rezension vom 24. September und 3. Oktober 2014.)


Container-Kran 7823.
(Rezension vom 16. August 2015.)


Passaggio a livello 7835.
(Rezension vom 9. Januar 2016.)


Speerwerfer: Armbrust-Streitwagen 6012.
(Rezension vom 5. Juli 2016.)


Auto-Transporter 7839.
(Rezension vom 23. Dezember 2016.)


Technic Mini Claas Xerion 42102.
(Rezension vom 26. Dezember 2019.)


Kleine Ritterburg 6073.
(Eingebettete Rezension vom 4. April 2020.)


Mittelalterliche Schmiede 21325.
(Rezension vom 25. Januar 2021.)


Die Waldläufer von 1516.
(Rezension vom 10. März 2022.)


Ferien-Villa 6374 42102.
(Rezension vom 7. März 2023.)