Aus dramaturgischen Gründen muß die Reihenfolge der Monster-Fighters-Sets in dieser Besprechung nun etwas von der numerischen Rangfolge abweichen. Genaugenommen geht es jetzt etwas durcheinander, aber als ich eines schönen Septembertages planlos Bilder von Sets der Serie knipste, hatte ich eben dies nicht: Einen Plan.
Einen Plan hingegen hat natürlich der verrückte Professor im Set 9466, nennen wir ihn… na, wie nennen wir ihn denn mal? Frankenstein. Er will, gottgleich, einem Klumpen Fleisch Leben einhauchen, bzw. einbrutzeln. Und das Ergebnis dieses Experiments ist natürlich Frankensteins Monster, von Unkundigen gern selbst „Frankenstein“ geheißen. Ort des gruseligen Geschehens ist ein Labor in den Mauern der Burg Frankenstein; das Gemäuer im Set paßt stilistisch auch zum Vampirschloß 9468, zu dem wir später noch kommen werden.
In der viktorianischen Zeit, die popkulturell zum „Steam Punk“ veramalgamiert wurde, war Wissenschaft noch ambitionierte Scharlatanerie (nicht, daß dies heute noch so wäre!), und in gewissen unerforschten Phänomenen vermutete man heilsame Kräfte, sei es nun der Magnetismus, die Radioaktivität, auch die Hypnose, und vor
allem die Elektrizität. Letzteres sieht Lego genauso und elektrifizierte das Labor, was zu einem hübschen optischen Effekt führt, die Minifig jedoch nicht zu beleben vermochte, ich hab’s probiert. Und was nicht durch das Wunder der Elektrizität luminesziert, wird eben radioaktiv zum Glühen gebracht. In diesem Set sind dies eine Spinne, ein grinsender Totenschädel und eine Laborratte. Spooky!
Diesem unseligen Treiben wollen Rodney Rathbone und Major Quinton Steele ein Ende bereiten und natürlich gleich den Elektrizitätsmondstein miteinsacken. Das schlafanzugblaue Gefährt gleicht einer „Ente“, die zwar nur bedingt viktorianisch genannt werden kann, mit den gezeigten Umbauten aber durchaus steampunkig. Von nun an wird die Szenerie bestimmt von Gespenstern, Vampiren und Zombies.
Was wäre dampf-punkiger als eine Dampflok? Richtig, nichts. Ein Feuerroß paßt absolut in die Zeit. Warum Gespenster einen Geisterzug zur Fortbewegung benötigen, und wozu sie sich eigens Knochen und dergleichen Gedöns an die Lok dengeln, sollten wir besser nicht
hinterfragen, denn Logik ist natürlich nicht das Zentralmotiv dieses Abenteuerthemas. Aber jedenfalls flattern die Waggons, wenn der Zug sich bewegt (oder der Zug bewegt sich, weil die Waggons flattern, wer weiß!), und knipst man das Licht aus, glüht es mal wieder sehr manierlich. Die geisterhafte Flamme, die der Esse entlodert, sollte eigentlich auch leuchten, aber das hielt mein Lichtbildapparat leider nicht fest. Und überhaupt, die Gespenster. Es handelt sich um eine neue Generation, immer noch in glimmende Bettlaken gewandet, aber der gegenwärtigen Krise ausgesetzt, also entsprechende Mimik zeigend. Neu ist auch der Zipfel am Hinterkopf.
Es ist Frank Rock und Ann Lee vorbehalten, die Geister einzusaugen, und zwar in Ghostbusters-Manier, liegt ja nahe. Damit Frank Rock auch seine Hauptfertigkeit ausspielen kann, muß das Sauggerät natürlich propellergetrieben und luftgetragen sein. Eine taktische Variante besteht darin, Ann Lee mittels der Kette auf dem fahrenden oder flatternden Zug abzusetzen, damit das taffe Mädchen dort in den Nahkampf gehen oder auch aus der mitgeführten Arrestzelle des Zuges einen Gefangenen befreien kann. Klar, Geisterschiffe haben eine Brigg, Geisterzüge brauchen so etwas natürlich auch. Außerdem soll der Geistermondstein beschlagnahmt werden. Damit hätten wir sechs von sieben Mondsteinen beisammen, was ausreicht, um zu Phase 2 des Vorhabens überzugehen: Der Mond wird verdunkelt!
Jules Verne, the Godfather of Steampunk, wäre noch geradewegs zum Mond gerudert, in einer Teakholzrakete mit dekorativen Messingapplikationen. So weit gehen unsere wackeren Geisterjäger nicht. Dr. Rodney Rathbone als Expeditionsleiter und Jack McHammer begeben sich in einem schnieken Spezialautomobil mit Vampirfangvorrichtung nach – so darf vermutet werden – Transsilvanien, woselbst am Hauptturm des Schlosses des Vampirlords (Ehrlich! Lego traut sich nicht, den mondänen Blutsauger „Dracula“ zu nennen.) eine Gerätschaft angebracht ist, die diesem Zwecke zu dienen scheint.
Aber Pustekuchen! Dracula hat selbst solche Steine gesammelt und gedenkt, sie einzusetzen. Es hätte ja auch mal irgendwem auffallen können, daß dem Fürsten der Finsternis daran gelegen sein könnte, sein Reich zu erweitern, zum Beispiel per Verdunklung des Mondes, selbst wenn dann der Werwolf nicht mehr funktioniert. Bauernopfer.
Was soll’s, versagt, die ganze Sammelei der Mondsteine war vergebens, denn das Set 9468 enthält schon sechs solche Steine; innerhalb der Serie gibt es also jeden Stein zwiefach. Wie dem auch sei, der fiese Vampir muß im Eins-zu-Eins-Gefecht niedergestreckt werden. Unsere Helden machen also einen Rundgang durchs Schloß, auf der Suche nach der Gruft des Vampirs. Die ist freilich schnell gefunden, liegt sie doch ungeschützt dem Haupttor gegenüber. Wer denkt sich denn so was aus!
Eine weitere schauerliche Entdeckung im Schloß ist zum einen der Verliesturm, wo dem an Ketten aufgehängten Skelett, vormals Gefangenem, auch die eingebaute Fluchtfunktion nichts genützt hat.
Fernerhin müssen sich die Abenteurer im Turm des Kartenmachers arg vor der Falltür in Acht nehmen, denn darunter lauert der Tod. Aber der lauert hier ja überall. – Am Kopf der Holztreppe, die vom Hof in die erste Etage führt, scheint der Durchgang zugemauert zu sein; nichts, was Jack McHammer mit seinem Hammer nicht kaputtkriegen würde! Die Ziegelwand entpuppt sich als Wendeltreppe, und dahinter befindet sich das Schlafgemach.
Jawohl, ein Schlafgemach mit richtigem Bett, denn der Vampirlord wohnt hier nicht allein, sondern er hat sich eine Gespielin erbissen. Diese hat sich linker Hand eine kleine Hexenküche eingerichtet, im Gelaß darüber eine Handbibliothek. Wir werden das Weib später noch zu Gesicht bekommen.
Und da, die getreppte Wendel herab, schleicht der dunkle Lord persönlich, das Schwert gezückt, als ob er das brauchen würde. Dem Dr. Rathbone kommt das ganz gelegen, hat er doch einst auf dem Paukboden seiner schlagenden Verbindung fleißig für solch eine Gelegenheit geübt. Schwert gegen Degen, naja, wie mag das Duell verlaufen. Zumal man einen Untoten bekanntermaßen nicht mit einer einfachen Klinge in die Verdammnis befördern kann. Über den Ausgang des Kampfes werden wir später mehr erfahren.
Wieder mal ein exzellenter Artikel mit ebenso guten Bildern. Interessant, dass die Indiana-Jonas-Schatzkarte noch immer Verwendung in neuen Sets findet.
Gruß
Jonas
Danke. Und stimmt. Interessant an der Verwendung der Schatzkarte ist vor allem, daß diese offensichtlich ein Lizenzteil war, denn sie zeigt ja die Schlucht des sichelförmigen Mondes aus dem 3. Indy-Film. Lego scheint also solche Teile nach einer gewissen Zeit frei in ihren Produkten verwenden zu dürfen.
Es geht weiter :)
Schön geschrieben und auch die Bilder sind gut.
Besonders gefallen tut mir das neue Technikelement, das beim großen Turm das Sechseck bildet. Wobei es mir in neubraun lieber gewesen wäre. Dem Baumbau wegen.