Mit Rücksichtnahme auf die political Beklopptness kann ich leider nicht korrekterdings die wahre ℜeichsfeder zeigen, ohne befürchten zu müssen, einen Sturmlauf entrüsteter Idioten auszulösen. Darum sei nur eine harmlose Pfauenfeder gezeigt, die eines der Tiere auf der Berliner Museumsinsel für mich hat liegenlassen. Ohne Übertreibung ist das Gefieder dieser fasanenartigen blauen Wesen als „prachtvoll“ zu bezeichnen. Doch will ich mich nicht mit fremden Federn schmücken; ich sammelte sie nicht selbst ein, sondern die Feder wurde mir einst von meiner Mutter mitgebracht, mit welchem Hintergedanken auch immer. Bislang widerstand ich dem natürlichen Drang, sie mir bei meinen Travestieshows in den Bürzel zu stecken. (Bevor mich jetzt jemand buchen will: Danke für Ihr Interesse, aber auch den Drang zur Travestie verspürte ich bislang nicht.)
Ach, was soll’s. Welcher rabauköse Mob sollte schon in meinem kleinen Blögchen vorbeiströmen? Also:
Man kann ja nicht immer nur Lego sammeln. Als einer, der Briefe in Kurrentschrift zu schreiben versucht (was zwar die Freundinnen entzückt, aber dennoch weit von Kalligraphie entfernt ist, wenn man’s nicht kann), war ich eine Zeitlang auf der Suche nach dafür geeigneten Spitzfedern, da mir mein Vorrat auszugehen drohte. Den Vorrat hatte ich mir unrechtmäßig angeeignet, indem ich einen alten Schreibtisch auswaidete, ohne deswegen Gewissensbisse zu haben. Hätte ich den auf dem Schreibtisch stehenden Typographen entwendet, sähe das anders aus. Doch genug des Geständnisses. Mein Vorrat ging jedenfalls zur Neige, und ich erwarb bei Ebay einige Konvolute alter Schreibfedern, in denen laut Artikelbeschreibung Bremer Börsenfedern enthalten waren, denn diese hatten sich mir als am geeignetsten präsentiert, vorzugsweise von der Firma Brause & Co.
Ein Blick auf meine angehäuften Lego-Ritter-Kartons hätte mir die Augen öffnen und mir zur Warnung dienen können: Ich neige akut zum Sammeln. So durfte es mich nicht überraschen, daß ich bisweilen auch Federn ersteigerte, die ich zwar nicht unbedingt brauchte, die aber in einer hübschen und vor allem: originalen Verpackung geliefert wurden. Unwahrscheinlich ist, daß mich der werbewirksame Hinweis auf die Preiskrönung bei der Londoner Weltausstellung 1862 zum Kauf reizte.
Ebenso wenig wahrscheinlich ist, daß ich unbedingt den Inhalt der rechts abge- bildeten Schachtel haben wollte, denn mit linksangeschrägten Schreibfedern kann ich wahrlich nichts anfangen. Die benötigt man entweder zum Schreiben von arabischer oder hebräischer Schrift, oder sie sind Linkshändern nützlich.
Nein, ich wollte einfach diese hundert Jahre alten Schächtelchen haben, vor denen meine Lego-Kartons respektvoll in die Knie gehen bzw. gingen, so sie denn hätten, und natürlich Bremer Börsenfedern der Firma Brause. Dieses Ziel verlor ich keineswegs aus den Augen.
Ich muß freilich dazusagen, daß natürlich keine der Originalverpackungen noch die originale Bestückung enthielt, schon gleich gar nicht in der angegebenen Stückzahl. Es war jeweils ein Sammelsurium enthalten, und dabei immerhin auch einige Bremer Börsenfedern. Inzwischen hat sich aber diese Fixierung auf das hanseatische Schreibutensil als nicht notwendig erwiesen, denn die in der Brause-Packung enthaltenen Federn № 54 EF erfüllen den Zweck ebenso, mit dem eingebauten Vorteil, daß ich davon jetzt eine ausreichende Anzahl besitze. Der Rest ist Beifang, auch die ominöse Reichsfeder. Keine Ahnung, ob das einst die offizielle Kanzleifeder im deutschen Kaiserreich war, oder gar noch davor. Möglich wär’s.
Da hast ja einen richtig guten Fang gemacht. Die würden mich auch interessieren :)
Habe auch noch Glasfedern aus den 50ern zum Schreiben.
Übrigens: Die Federn eignen sich auch zum Malen – nicht nur zum Schreiben ;)
Ich glaube, das letzte, was ich mit der Feder zeichnete, war dies:

Und auch das erste. Mal abgesehen von Tuschezeichnungen in der Schule.
Hey, du kannst ja echt gut zeichnen. Respekt!
Danke, danke. Leider ist das schon etliche Jahre her. Ich hatte seit einer Dekade … meine Güte, ist das lange! keinen Bleistift mehr in der Hand. Nicht zum Zeichnen zumindest.
Wenn das so lange her ist, wird es Zeit, die Stifte mal wieder zur Hand zu nehmen.